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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
44. Jahresband.1964
Seite: 221
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über die ersten Jahrzehnte der Tübinger Universität und ihre Professoren hingewiesen
. Der bedeutende Historiker geht freilich wenig freundlich mit Widmann
um. Das nicht abzuleugnende Positive versteckt er in Nebensätzen, das Negative
— und meist deutlich Zeitbedingte — wird breit behandelt. Hier nur als kennzeichnendes
Beispiel dies: „Das große Ansehen, das er (Widmann) gleichwohl
genoß, muß wohl mehr auf seinen persönlichen Eigenschaften, vielleicht auch nur
auf der wertvollen Fähigkeit, sich ein Ansehen zu geben, beruht haben, und wenn
wir von glücklichen Kuren hören und sehen, wie er von nah und fern um Rat
angerufen wurde, so wollen wir gern glauben, daß seine Praxis wertvoller gewesen
ist als seine Wissenschaft." Leider und eigenartigerweise hat G. Mehring in
seinem sonst ausgezeichneten Buch über die württembergischen Mineralbäder vom
Mittelalter bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts Widmann und sein Bäderbüchlein
kaum erwähnt; er behauptet, leider ohne nähere Quellenangabe und Zeithinweis,
Widmann — „ehemals württembergischer Leibarzt und Professor in Tübingen" —
habe von Pforzheim aus in Wildbad praktiziert.

So kann denn über Widmanns Lebenslauf in seinen siebziger Jahren nichts
gesagt werden: es ist sogar zweifelhaft, wo er in den Jahren zwischen 1512 und
1518 sich aufgehalten hat. Erst als im Jahre 1519 wiederum die Politik in sein
Dasein eingriff, als sein Herr und Gönner, der Herzog Ulrich von Wirtemberg,
vertrieben wurde, da erst erfahren wir, daß auch Widmann es für richtig hielt,
außer Landes zu gehen wie so viele andere.

Man wird an dieser Stelle ganz kurz einige allgemeine historische Bemerkungen
machen müssen. Denn das Schicksal Widmanns am Ende seines Lebens spiegelt das
staatliche und politische Schicksal des Landes, ja, von ganz Schwaben und Baden
wider. Wir sind am Beginn der Reformation und kurz vor dem Bauernkrieg.
In jenen ersten Jahren des 16. Jahrhunderts lebten Württemberg und sein Herzog,
das Volk und seine Landstände und die schwäbischen Reichsstädte in dauernder
Unruhe. Das Jahr 1514 hatte den Aufstand des Armen Konrad und den berühmten
Tübinger Vertrag, die erste deutsche Abmachung zwischen Fürst und Volk, erlebt.
1515: Ulrich tötet den Ritter Hans von Hutten, mit dem seine Frau ein Liebesverhältnis
hatte. Die Folgen sind politisch: 1516 verhängt Kaiser Maximilian
die Acht über Ulrich. In Stuttgart wird der bisher allmächtige Kanzler Lamparter
gestürzt, und Lamparter ist Widmanns Schwiegersohn!

Johannes Widmann, der Möchinger, zog auf seine alten Tage nach Pforzheim;
eine genaue Datierung ist nicht möglich. Dort lebte er mit seiner zweiten Frau
Mechtild, einer geborenen Belczin. Man hat vermutet, Widmann sei, als er 1519
oder 1520 das schwäbische Land verließ und nach dem badischen Pforzheim, der
alten Residenz der Zähringer, zog, wiederum einem Ruf des badischen Hofes
gefolgt und so doch noch, am Ende seines Lebens, 80 Jahre alt, wieder geworden,
was er einmal war: markgräflich badischer Leibarzt.

Das ist äußerst unwahrscheinlich. Schon seit geraumer Zeit war Baden-Baden
die Residenz. Was sollte er da in Pforzheim? Markgraf Christoph hatte schon 1515
der Regierung entsagt, war 1518 in die Einsamkeit des Alten Schlosses, der Burg
Hohenbaden, geflüchtet, ein schwerkranker Mann. Auch wenn er noch bis zum

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