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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
45. Jahresband.1965
Seite: 14
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benachrichtigt war, wurden sie von dem ganzen Konvent feierlich am Fuße der
unteren Treppe empfangen. Dann ging es in den oberen mittleren Saal und bald
darauf in den Chor, wo die damals noch sehr zahlreichen Klosterfrauen gute
Kirchenmusik darboten. Es wurden Gesänge mit Instrumentalbegleitung aufgeführt
, wobei noch die großen Baßgeigen mit nur einer Saite, sowie das zum
Hervorbringen der Baßstimmen bestimmte sogenannte Marienhorn Verwendung
fanden. Dann ging es in das Refektorium, wo ein Imbiß mit Kaffee eingenommen
wurde. Wir Kinder erhielten jeweils eine Art von Pfeffernüsse, ein Gebäck,
welches jetzt nicht mehr bekannt ist und überhaupt wohl nur in Lichtental vorkam15
). Die Besuche im Kloster dauerten stets mehrere Stunden. Manchmal
kehrten wir durch den Wald über den Cäcilienberg zu Fuß zurück; meist wurde
indessen der Feierlichkeit wegen zurückgefahren, wobei die Dienerschaft, Reitknechte
und Postillione von den Klosterfrauen mit künstlichen Blumen zum
Schmucke von Hüten und Mützen bedacht wurden.

Auf der Lichtentaler Allee

Ich habe noch zu erwähnen, daß der Fremdenbesuch schon damals ein sehr
starker war; alle Nationen waren vertreten, und man kann wohl behaupten, daß
um 1 8 3 0 die Elite der europäischen Gesellschaft sich in dem lieblichen Badeorte
zusammenfand. Aus Frankreich begegnete man den ersten Namen des Faubourg
(Stadtteil) St. Germain von Paris. Die Familien der hohen französischen und
englischen Aristokraten kamen zu mehrmonatlichem Sommeraufenthalt meist mit
Pferden und Wagen, so daß die Lichtentaler Allee am Abend einen Anblick bot,
wie man ihn sonst nur in den Champs Elysees oder im Hydepark genießen
konnte. Die schönsten Reit- und Wagenpferde sowie die feinsten Wagen waren
da zu sehen. Die vielen Russen, welche nach Baden kamen, brachten nur selten
ihre eigenen Gefährte mit, befleißigten sich aber desto eifriger des Spiels an der
Bank und waren daher die beliebtesten Gäste des damaligen Spielpächters, eines
Herrn Chabert18). Auch Italiener, besonders Süditaliener, fanden sich zu jener

15) Nach Mitteilung von Schwester Maria Trudindis, S. O. Cist., vom Kloster Lichtental, berichten a) die
Chroniken der Zisterzienserinnenabtei Lichtental von Lebküchlein, nicht von Pfeffernüssen. Allerdings erinnern
sich einige Konventmitglieder, die von Baden-Baden sind, daß es früher auch Pfeffernüsse im Kloster
gab, aber seit mindestens 40 Jahren werden sie nicht mehr gebacken. Ob das dieselben Pfeffernüsse wie vor
100 Jahren waren, kann nicht mit Bestimmtheit gesagt werden, da die Backschwester des Konvents ungefähr
vor 60 Jahren ins Kloster kam und nach ihrem Rezeptbuch buk. Als Klostergebäck stellt die Klosterbäckerei
jetzt an Weihnachten und an Ostern eine Art Springerle nach uralten Modeln her,

b) ist nirgends von Instrumentalmusik bei festlichen Anlässen wie beim Besuch der höchsten Herrschaften
im Kloster die Rede,

c) kennt man heute Baßinstrumente mit nur einer Saite im Kloster nicht, sie sind, wenn sie hier im
Gebrauch waren, jetzt nicht mehr vorhanden,

d) könnte das „Marienhorn" ein ausnahmsweise großes Horn, ähnlich einer Posaune, sein, das heute nodi
im Klostermuseum aufbewahrt wird, und mit welchem man einen sehr lauten, sehr vollen Baßton — allerdings
nur eine Tonhöhe — erzeugen kann. Der heutige Konvent hielt es immer für eine Art „Signalhorn"
für große Entfernung.

16) 1827 verlegte der Pächter des Conversationshauses, Möns. Chabert, die Spielbank vom Marktplatz
hierher. Chabert hatte 27 000 Gulden für die Spielpacht zu zahlen. Vom Spiel ausgeschlossen waren Landleute
, Dienstboten und Handwerksburschen, ihnen war es auch verboten, im Bereich des Conversationshauses

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