http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1965/0263
Der Sommer zum Winter:
Der Winter, der ist ein arger Vogel,
Er treibt die Weiber wohl hinter den Ofen.
Altiri usw.
Der Winter zum Sommer:
Der Sommer, der ist ein arger Bauer,
Er macht den Weibern die Milch so sauer.
Altiri usw.
Die beiden gerieten aneinander, der Winter wurde in die Flucht geschlagen.
Das Lied war ein Heischelied, die Zuhörer belohnten die beiden durch Gaben
aus der Obsternte.
Die Sinzheimer Kinder beschlossen den Sommer an Michaeli (29. August)
durch ein feierliches Amt mit anschließender Prozession.
Das Herbsten
Der Herbst wurde in Neusatz feierlich eingeläutet durch die kleine Glocke.
Gab es wenigstens einen Mittelherbst, so hörte man da und dort eine Pistole
knallen.
Die meisten Rebbauern hatten eigene Trotten. Wer genügend „Roten" erwartete
, trottete die Trauben in besonderer Kelter; denn dieser Most mußte „austropfen
", damit der Wein Naturfarbe erhielt.
Nach beendeter Lese durchstreiften die Buben in den Weinorten die Rebberge
nach „Retzeltrüble". War der Herbst gut ausgefallen, so war die „Nachlese"
dürftig; bei schlechtem Herbst jedoch hatten die Rebbauern weniger gründlich
„gelesen".
In den Wochen nach dem Trotten der Trauben kamen die mit Bändern geschmückten
Weinfuhren. Auch die Gärhahnen waren mit Bändern ausgeziert. Mit
stolz gerecktem Haupt schritt der Fuhrmann neben seinem Gespann, ein wenig
wacklig saßen die Weinküfer auf den Böcken der Wagen — sie hatten von jeder
Bütte, die aus dem Keller kam, einen prüfenden „Schluck" nehmen müssen.
Weil der Rebbauer mehr mit Mittel- als mit Vollherbsten rechnete, war seine
wirtschaftliche Lage nicht gerade rosig, denn der Weinkäufer kam immer dann,
wenn der Weinbauer Geld brauchte, er vermochte dann den Preis zu drücken.
Die Bauern bestätigten diese Notlage durch folgende Regel: „Imme Rebmann muß
mer siebe Jor borje (borgen) könne!" (Wird fortgesetzt)
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