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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
46. Jahresband.1966
Seite: 100
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ihre Lehrerinnen verlor, sondern weil sich die Dorfarmen nicht mehr der tätigen
Hilfe des Klosters erfreuen durften. In den Klosterannalen lesen wir: „Die
Trauer, in die das Dorf versetzt wurde, ist nicht zu beschreiben." In Offenburg
aber herrschte Freude. Bei der Ankunft der letzten Wagen läuteten die Glocken.

Am 29. Juni fand in der Pfarrkirche „Hl. Kreuz" der feierliche Empfang statt.
Pfarrektor Barthelmes begrüßte die Klosterfrauen in einer Predigt. Darauf trat
er mit den beiden Oberbürgermeistern Lihl und Gottwald an den Altar und vertraute
ihnen die weibliche Schuljugend an. Diese versprachen ihre Unterstützung.
Stellvertretend für alle versicherten zwei Mädchen die künftigen Lehrerinnen
ihres Gehorsams. Der bischöfliche Kommissar Dr. Vitus Burg sang das Hochamt.
Eine festliche Prozession, in der das Allerheiligste in die Klosterkirche getragen
wurde, beendete die Feier.

Die Stadt konnte — so berichten die Annalen — nicht genug ihre Dankbarkeit
dafür zum Ausdruck bringen, daß sie das Frauenkloster in ihren Mauern aufnehmen
durfte, nachdem sie 20 Jahre für die Erreichung dieses Ziels hatte kämpfen
müssen. Die Lehrfrauen waren ebenfalls glücklich und stellten fest: „Unser
Kloster ist groß und sehr schön gelegen, so daß wir die beste Luft der Welt
atmen können." Aber bald gestalteten sich die Beziehungen zwischen Stadt und
Kloster ungünstig. Während die Ordensfrauen sich freuten, in der Klausur leben
zu können, die sie in Ottersweier vermissen mußten, erregte diese klösterliche
Strenge den Unwillen der Bevölkerung, besonders der Eltern der Institutsschülerinnen
. Auch die Landesregierung nahm Anstoß an der Klausur. Der Gemeinderat
hatte sich schon im März 1823 geweigert, ein vergittertes „Parloir" einzurichten.
Ein „Regulativ für die katholischen weiblichen Lehr- und Erziehungsinstitute
des Großherzogtums Baden" vom Jahre 1811, das im Auftrag des Großherzogs
Karl von dem Innenminister Freiherrn von Andlau erlassen wurde, enthält in
30 Paragraphen Vorschriften über die Ausbildung der Lehrfrauen, die Gelübde,
ihre Stellung zum Staat, den Unterricht und die Klosterorganisation. Das klösterliche
Silentium und die Klausur sollten aufgehoben sein. Am 23. August 1823
ließ die katholische Kirchensektion des Innenministeriums über das Kinzigkreis-
Direktorium dem Konvent eröffnen: „Eine sogenannte strenge Klosterklausur
kann nicht zugegeben werden als dem Buchstaben und Geist des genau zu beobachtenden
Regulativs entgegen." Und am 22. Januar 1825 warf die Staatsbehörde
dem Konvent vor, die strenge Klausur eigenmächtig eingeführt zu haben. Als die
Oberin M. Aloysia Roswog am 30. Oktober dieses Jahres um die Erlaubnis bat,
die verstorbenen Klosterfrauen in der Franziskanergruft beisetzen zu dürfen,
wurde das Gesuch abgelehnt, weil es dem Regulativ widerspreche; außerdem
sei laut Verordnung vom Jahre 1804 die Bestattung in Kirchen verboten. Der
Direktor des Kinzigkreises fügte ironisch hinzu: „Die Erteilung der nachgesuchten
Erlaubnis enthielte geradezu die Bewilligung einer Klausur, welche die Institutsfrauen
den vorliegenden höchsten Verordnungen zu Trotz auf alle Weise zu
erringen streben und durch ein eigenes Begräbnis selbst nach dem Tode noch fortsetzen
wollen." Die Klosterfrauen waren bestürzt. Die Chronistin schrieb: „Zwei

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