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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
46. Jahresband.1966
Seite: 122
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ich sie in meiner oben zitierten Arbeit ausführte, auch solche geldwirtschaftlicher
Art für den Bischof als Landesherrn eine gewichtige Rolle spielten.

Dafür spricht schon die in allen bisherigen Betrachtungen etwas vernachlässigte
Art und Weise der Gründung.

Oberkirch, die Stadt, sollte ein Handelsplatz werden. Ein Kaufmann wurde
mit der Organisation des als ummauerter Markt angelegten Platzes beauftragt;
wie ich in verschiedenen Veröffentlichungen der Heimatbeilage der Renchtal-
zeitung nachgewiesen habe, die Offenburger Kaufmannsfamilie Rohart. Daß sie
dafür ein Erbrecht auf den Schultheißenposten zugesichert bekam, dürfte aus der
Namensänderung hervorgehen: fortan nannten sich die Mitglieder der Familie
„Rohart Schultheiß". Nicht nur auf dem Gründungsstein der alten Oberkircher
Kirche heißt es: „Heinrich Schultheiß, dictus Rohart", sondern weiterhin erscheint
der Doppelname „Rohart-Schultheiß" durch mehr als hundert Jahre in den Urkunden
, was für die erbliche Verbindung des Amtes mit der Familie spricht. Sonst
wäre die Bezeichnung rechtlich unmöglich gewesen. Amtsbezeichnungen allein sind
nicht erblich. Ganz abgesehen davon waren auch alle zentralen Plätze innerhalb
des Mauergürtels weiterhin in Händen dieser Familie. Der im Ostkolonialgebiet
zu jener Zeit übliche Titel „Erbschultheiß" scheint in unserer Gegend nicht geführt
worden zu sein.

Ein zweites ist beachtenswert: das Herrschaftsgebiet des Bischofs von Straßburg
wandelte damals seine Struktur. Obwohl Straßburg aus einer alten Merowinger-
pfalz hervorging, die an Stelle einer älteren Römersiedlung lag, war der Platz
schon zu Karolingerzeiten durch Schenkung an den Bischof gelangt, wechselte
also seinen Charakter von einer königlichen zu dem einer Bischofsstadt4). Aber
nach den Wirren des Investiturstreites, in dem der nationale Charakter gerade
dieser Stadt und ihrer Bischöfe stark in Erscheinung trat, ergaben sich starke
Spannungen zwischen den wieder nach der römisch-kirchlichen Ordnung tendierenden
Bischöfen und der (durch Handel) mächtig gewordenen Bürgerschaft.
Letztere konnte sich nach mancherlei Kämpfen mit dem Stadtherrn bereits 1262
in der Schlacht bei Hausbergen von der Oberherrschaft des Bischofs befreien und
durch ein eigenes Patriziat regieren lassen5). Es wurde dann 1330 durch das aufstrebende
Handwerkertum, die Zünfte, abgelöst, bis im 17. Jahrhundert das absolute
französische Königtum diesem demokratischen Staatswesen ein Ende bereitete
.

Mit den beiden soeben genannten Jahreszahlen haben wir Ausgangspunkte der
Oberkircher Entwicklung angegeben. Die Schlacht von Hausbergen hatte die

4) Man kann vier Gruppen von Städten unterscheiden, die je nach Herkunft verschiedene Rechtsgrundlagen
hatten:

a) alte Römerstädte (Köln, Trier, Augsburg) mit altstädtisch gemeinfreier Verfassung,

b) königliche Städte bei königlichen Pfalzen (Frankfurt, Ulm, Nürnberg),

c) Bischofsstädte als Sitz der ältesten Bischofskirchen,

d) fürstliche und grundherrliche Städte wie etwa die Gründungen der Zähringer.

5) Diese Tendenz zum Status der gemeinfreien ehemaligen Römerstädte ist mit wachsendem Wohlstand
infolge erfolgreicher Geldwirtschaft im 13. Jahrhundert allgemein zu erkennen. Friedrichs II. Sohn Heinrich
(VII.) stützte seine Politik darauf.

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