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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
46. Jahresband.1966
Seite: 142
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1966/0144
In der Tiefe von 20 m wurde ein weiterer Sicherheitspodest eingebaut, um im
kommenden Jahr die Fortführung der Aushubarbeiten im Brunnen gefahrlos
fortsetzen zu können. In der erreichten Tiefe wurden größere Zerklüftungen im
Sandsteinfelsen festgestellt. Dünne Schichten weicheren Gesteins wurden schon
trüher in geringerer Tiefe vorgefunden.

Bei der Einebnung des Terrains rings um den aufgemauerten Brunnenrand
wurde in geringer Tiefe unter dem Humus ein merkwürdiger Fund gemacht,
dessen Sinn und Zweck zunächst ein völliges Rätsel war: ein ca. 40 cm langer,
dünner Knochen, der aus zwei Stücken zusammengesetzt ist, die, wie der angesetzte
Grünspan erkennen läßt, mit Kupferstiften zusammengenietet sind. Am
dicken Ende ist ein Tierkopf angeschnitzt. Es handelt sich um ein Fragment, da
der untere Teil, wahrscheinlich das Schwanzende des schlangenartigen Gebildes,
fehlt. War der Knochen in bezug auf den deutlich erkennbaren Knick symmetrisch
gebildet, was anzunehmen ist, so hätte die Gesamtlänge des Knochens ca. 55 cm
betragen (siehe Abb. 3 und Abb. 4, ein Foto des geschnitzten Tierkopfes).

Zur Klärung des Rätsels um den geheimnisvollen Knochen kam uns ein Zufall
zu Hilfe: ein junger Schiltacher namens Hans Harter, der an der Universität in
Freiburg Geschichtswissenschaft studiert und der zu den Helfern auf der Willenburg
gehört, nahm ein Bild des Knochens mit in das geschichtliche Seminar nach
Freiburg und zeigte es dort dem Leiter des Seminars, Herrn Dr. Wellmer. Dr.
Wellmer unterhält Beziehungen zum Germanischen Museum in Nürnberg und
richtete in unserer Angelegenheit eine Anfrage dorthin. Aus einem vorläufigen
Bericht des derzeitigen Direktors des Museums, Dr. Georg Raschke, wird auszugsweise
hier angeführt: es handelt sich um ein gänzlich ausgefallenes Stück.
Doch geben der Kopf und andere Merkmale Fingerzeige, daß es sich wohl um
einen Bogen handelt, jedoch von außerordentlicher Rarität. Der kunstvoll zusammengesetzte
Bogen geht offensichtlich auf orientalische Vorgänge zurück. Die
Verwendung von Bein ist ein besonderes Charakteristikum. Gewisse Kennzeichen
sprechen für romanische Zeit, 11. bis 12. Jahrhundert, das ist die Geburtszeit der
meisten Bogen. Dann wäre es auch denkbar, daß im Rückzugsgebiet beim Einfall
der Hunnen, Avaren und Ungarn auch einmal ein ungewöhnliches Fundstück in
den Erdboden kam. Der Verfasser dieses Berichts schickte eine Zeichnung des
Knochens auch an einen befreundeten Kollegen in Marburg, der sich auf dem
Gebiet der Volkskunde mit großem Erfolg betätigt hat, in der Annahme, er
könnte auf der damals gerade in Marburg stattfindenden Volkskundetagung
etwas über den Fund erfragen. Der Zufall hat es jedoch anders gefügt: der Freund
schickte die Anfrage weiter an den ihm von Marburg her gut bekannten Dr. Heinrich
Kohlhausen, den früheren Direktor des Germanischen Museums. Er schrieb
zurück: an der Zugehörigkeit des Knochenfragmentes zu einem Bogen scheint
kein Zweifel möglich. Ich habe auch noch mit Dr. Raschke im Germanischen
Nationalmuseum darüber gesprochen, der die Korrespondenz geführt hat und in
den letzten Jahrzehnten sowohl in seiner Heimat Schlesien, wo er Museumsdirektor
war (Prähistoriker im Hauptfach), wie auch bei der Beobachtung einschlägiger
Grabungen in Franken als Gutachter wirkte. Diese vom Osten beein-

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