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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
46. Jahresband.1966
Seite: 225
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1966/0227
Pfarrer Anna, der zehnte Pfarrherr, war den Anstrengungen des Dienstes,
insbesondere der nächtlichen Versehgänge nach Waldmatt und bis hinauf in das
entlegene Hochtal des Zinkens Schönbrunnen durch Sturm, Eis und Schneeverwehungen
nicht gewachsen, er mußte schon nach zwei Jahren aufgeben.

Der elfte Pfarrherr, Fridolin Dresel, fand 1901 die Pfarrgemeinde in großer
Trauer: Die Kirche stand hart an der für den zunehmenden Verkehr nach dem
Kurhaus Neusatzeck und den Höhenwegen zu schmalen Straße. Um sie verbreitern
zu können, mußte die Kirche abgerissen werden. Die Neusatzer hingen
sehr an ihrem Gotteshaus, mußten sich aber der Notwendigkeit fügen. Die neue
Kirche, ein Granitbau in romanischem Stil, fiel zur Zufriedenheit der ganzen
Talgemeinde aus, zumal sie den hochgelegenen Zinken Kirchbühl, Neusatzeck,
Gebersberg, Bach und Schönbrunnen näher zu stehen kam, der Kirchgang wurde
dadurch kürzer, besonders für ältere Leute bei tiefem Schnee oder Glatteis in
der steilen Silbergrub'.

Die neue Kirche wurde 1913 eingeweiht. Der Pfarrherr hatte versucht, dem
Neubau zu Ehren von Alban Stolz dessen Namen zu geben, war aber auf härtesten
Widerstand der Neusatzer gestoßen: „Die erste Pfarrkirche verdanken wir
der Güte des Freiherrn Karl Ferdinand von Plittersdorf. Drum haben unsere
Väter sie unter den Schutz seines Namenspatrones, des hl. Karl Borromäus, gestellt
. Dem Herrn Universitätsprofessor Stolz mögen Sie ein Denkmal vor die
Kirche setzen, aber in eine Alban-Stolz-Kirche gehen wir nicht!" Das war kein
Kleben an „alten Rechten", die die Neusatzer öfters zu verteidigen gehabt hatten
in der Vergangenheit gegen die gewalttätigen Herren des Waldsteger Schlosses,
es war kindliche, nie verlöschende Dankbarkeit gegen den sonst harten Herrn.

Im Anschluß an den Kirchenbau hatte das erzbischöfliche Bauamt das Pfarrhaus
einer Untersuchung unterzogen. Nach dem darauf erstatteten Gutachten war
der bauliche Zustand durchaus kein idealer. Der entscheidende Satz sei hier angeführt
: „Geradezu abstoßend muß der Zustand in Bezug auf Bewohnbarkeit
genannt werden ..."

Die Folge war eine gründliche Überholung des gesamten Baues innen und
außen, insbesondere umfassender Ausbau des bisher nur beschränkt bewohnbar
gewesenen zweiten Stockwerks. Otto Stemmler schreibt in seiner „Geschichte der
altbadischen Gemeinde Neusatz" folgendes: „Die neuzeitlichen Veränderungen
haben dem Bau von seinem altertümlichen Gesicht einiges genommen, doch haftet
ihm jetzt noch erfreulich viel Altertümliches und Altehrwürdiges an."

Einen Nachteil hatte der Standort der neuen Kirche: der Weg zwischen dem
Pfarrhaus und dem Gotteshaus war nicht nur wesentlich länger als der bisherige,
er ging auch steil bergauf und machte älteren Seelsorgern nicht nur erhebliche Beschwerden
, sondern es ergaben sich bei eiligen Versehgängen auch starke, kaum
oder gar nicht einzuholende Verspätungen. Der den Priester bestellende Bote
mußte diesen erst im Pfarrhaus abholen, dann ihn zur Kirche begleiten; dem
Tabernakel entnahm der Priester die zur Spendung der Sterbesakramente erforderliche
Wegzehrung und das Chrisam; nun erst konnte der Versehgang be-

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