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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1967/0133
somit immer wieder zu zeigen, daß sie nicht aufgegeben würde. Aber gerade das
Drängen der Partei nach dem Alleinbesitz der gesamten Jugend war hier wieder
eine neue Triebfeder, die Kapellenzerstörung zu aktivieren.

Der Um- und Neubau der Stadtkirche rückte näher, aber auch die Vorzeichen
eines Krieges blieben einem, wenn man wachen Sinnes war, nicht verborgen. Die
Pfarrei brauchte Holz zum Kirchenbau. Holz war schon kontingentiert! Die
Kreisleitung der Partei wollte die Kapelle für einen geplanten Bau von Büroräumen
. Die Pfarrei brauchte aber die Kapelle noch bis zur Vollendung des
Kirchenbaues. Für die Erhaltung konnte von hier aus nichts getan werden. Die
erforderlichen Schritte bei der erzbischöflichen Behörde in Freiburg unterblieben.
Das genehmigte Bauholz für die Kirche reichte nicht aus. Also: Wenn die Stadtkirche
nicht fertig wird, kann die Kapelle nicht zu Parteibüros verbaut werden!
So veranlaßte die Partei, daß die Stadtkirche Holz frei bekam und fertig gebaut
werden konnte! Und das tragische Opfer sollte die Kapelle werden! Schon hatte
der Krieg begonnen, und die Pläne für das Vernichten der Kapelle waren fertig.
Noch von Wehrmachtsdienststellen aus setzte ich alle Hebel in Bewegung, diese
Vernichtung zu unterbinden. Meine Verdienste um den Naturschutz des Kreises
Wolfach gaben mir die Möglichkeit, beim damaligen Landrat Dr. Wagner um
Erhaltung der Kapelle vorzusprechen. Und trotz aller Gefahr für ihn, gegen die
Pläne der Partei zu handeln, wagte er Schritte beim Ministerium in Karlsruhe
Und er hatte Erfolg damit. Die Kirche konnte ja nichts tun. Ihr hatte man mit
Bauholz geholfen, somit mußte der Preis bezahlt werden! Nur der Denkmalsschutz
konnte noch retten! Ich schrieb an Prof. Hermann Eris Busse, den Vorsitzenden
der Bad. Heimat in Freiburg. Er setzte sich mit Landeskommissar
Schwörer für die Kapellen-Erhaltung ein. Ich schrieb an Prof. Josef Sauer, den
kirchl. Konservator, ich nahm einen Urlaub und fuhr zu ihm nach Freiburg.
„Halten Sie durch!" sagte er zu mir. „Im Krieg wird sie nicht verbaut! Ich sorge
dafür! Und nach dem Krieg hat die Partei nichts mehr zu sagen!" Kühne Worte,
die nicht jeder hören durfte!!

Die Stadtkirche war unter Dach, sie konnte, zwar in sehr vielem nur provisorisch
, vollendet und eingeweiht werden. Und schon am andern Tag kam ein
Schreiben vom stellvertretenden Bürgermeister der Stadt mit dem Ersuchen, die
Kapelle nunmehr zur anderweitigen Verwendung zu räumen. 1941 im Spätjahr
war's: ich hatte einen Sonntagsurlaub bekommen, an jenem Samstagnachmittag
kam ich gerade recht, um mit meinem Freund, dem Kunst- und Glasmaler Georg
Straub, das Gnadenbild der Kapelle, die durch Jahrhunderte hochverehrte Pieta,
auf einem Handkarren in die Pfarrkirche zu fahren, wo sie dann ihr Exil und
Asyl fand. Und bald wurde alles ausgeräumt, wurde vieles nur ganz schlecht
weggerissen und nur schlecht untergebracht. Wieder anderes wurde gleich zerschlagen
! Wer hatte denn auch noch einen Sinn dafür! Wer hatte noch Glauben
und Hoffnung auf Rettung dieser Kapelle! Wer konnte und wollte sich noch
dafür einsetzen!

Die Kapelle ist ausgeräumt. Schon sitzt Balkenholz darin, daß damit bald
gewerkt werde. Dann soll das Gewölbe runtergeschlagen werden, die Galerie raus-

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