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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
48. Jahresband.1968
Seite: 29
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Papst Alexander zugesprochen, stauten sich die Menschenmassen. Von einem Holzgerüst
predigte ein Missionär der Jesuitengemeinschaft zu Ettlingen.

„Tut Buße! Werft ab den Hochmut! Zieht aus die seidenen Gewänder eines
stolzen Höflings! Gott will die Seele im einfachen Gewand des Bauern. Nicht
Hoffart und Stolz, sondern Demut und Frömmigkeit sind die Werkzeuge des
Friedens." Der Missionär riß sein Gewand in Stücke. „Seht den Abscheu der Sünde!
Nackt und bloß, rein und frei aller unsittlichen Gedanken trete hin vor Jesus und
eifere ihm nach! In der Entsagung, im Entbehren, auch im Leiden und in der
Qual!" Er griff nach einer Geißel aus Eisen und schlug sich blutende Wunden in
das Fleisch. Kein Laut des Schmerzes drang vom Gerüst. Die Menschen riefen ihre
Gebete zum Himmel. Laut klangen ihre frommen Anmutungen zum leidenden
Heiland, ihre tief empfundene Reue über die Bosheit der Sünden bekundend.

Mitten unter den Betenden stand in dem einfachen, härenen Gewand einer
Büßerin die Fürstin des Landes, die Regentin der Markgrafschaft, Augusta Sibylla.
Von der Stirne drangen Blutstropfen, die eine Dornenkrone gerissen. Ein Kruzifix
sowie eine brennende Kerze gaben Zeugnis von dem Willen und der brennenden
Glut ihrer Nachfolge Christi.

Anno 1718, 7. Juni

Geschäftiges Treiben am Schloß. Man rüstete zur Geburtstagsfeierlichkeit für den
Erbprinzen Ludwig Georg. Gärtner Wolf ordnete noch die Oleandersträucher, die
man um die Szenerie aufgebaut hatte. Kunstvoll schnitt er die Buchsbaumhecken
mit seinen Gehilfen. Kammerdiener Luschka eilte aufgeregt durch die Reihen der
Besucher. Er hatte dem Maestro der Hofkapelle, Herrn Johann Kaspar Ferdinand
Fischer22), noch einen letzten Auftrag der Markgräfin zu erteilen. „Ob es vielleicht
nicht doch besser wäre, meinte die Markgräfin, wenn Hofmusikus Beßler seine
Posaunenklänge von der Altane des Schlosses zum Empfang der Gäste ertönen
ließe?"

Der Hofkapellmeister schüttelte nur den Kopf. „Gewiß, Frau Markgräfin habe
schon recht. Es gäbe einen feierlichen, einen überirdischen Klang. Doch benötige
er den Beßler anhero nach dieser Intrada sofort bei der Ouvertüre zu jener feierlichen
Singspielhandlung, die man als Geburtstagsüberraschung für den jungen
Herrn Erbprinzen geflissentlich einstudieret habe."

Luschka eilte mit dieser Botschaft zum Schloß zurück. Der Hofkapellmeister
wandte sich dem Paukenschläger Bschorn zu, ließ auch den Flötisten Swoboda
sowie den Hoboisten Schütz dazukommen. Die Pauken müssen rein gestimmet
sein, wenn das „Gelübd-Mäßige Ehren-Feuer-Oppfer zur Versöhnung Dianae von
dero HochFürstlichen Hoff-Capelle höchstfreudigst angezündet und gesungen"
werde.

Nicht ohne Grund hatte Markgräfin Augusta Sibylla diese Handlung in Kom-

22) Seit 1715/1716 am Hofe zu Rastatt tatig, war vorher Hofkapellmeister zu Schlaekenwerth im Böhmen,
am väterlichen Regentensitz der Markgräfin Augusta Sibylla; geb. um 1700; gest. am 27. August 1746 zu
Rastatt. — So lautet der Eintrag im Kirchenbuch Rastatt, obwohl die gelehrte Fachwelt der Musikforschung
bisher den 27. März für das Sterbedatum angibt.

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