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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
48. Jahresband.1968
Seite: 144
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1968/0146
„Da lag sie, umringt von den alten Mauern, aus deren Fugen wilder Goldlack wuchs, und
dem Kranz der Baumanlagen auf den einstigen Wällen, durchzogen von der mächtigen
Hauptstraße, auf deren Pfalz mit der festlichen Lindenallee die Kaiser im Mittelalter
einst ihre Turniere geritten hatten und wo in diese Prachtstraße mit den Bauten der
Sibylle, der Frau des Türkenlouis, die engen schmucken Gäßlein mündeten, von der
Mittelgasse und dem Goldgäßchen und der Prädikaturgasse und der Wassergasse, alles
zwischen Mauer und Mühlbach immer neu, immer schöner.. ."

In dem Buch „Hundert Jahre Tränen" zeichnet Anton Fendrich auch seine Erinnerungen,
wie aus der Zeit des ersten Weltkriegs, insbesondere aus den Tagen, an denen ihn der
Reichskanzler von Bethmann-Hollweg im Februar 1915 nach Berlin berief und dann mit
ihm zu Kaiser Wilhelm II. ins große Hauptquartier reiste. Der Besuch an der Front und
die Gespräche mit dem Kaiser erregten damals die Gemüter gewaltig. Nun, die uns heute
so seltsam erscheinende Begegnung war letztlich im Leeren verpufft, woran freilich Anton
Fendrich keine Schuld traf.

Ein volles Maß von verehrungsvoller Zuneigung brachte Anton Fendrich der Großherzogin
Luise entgegen, von der er sagt, sie sei „in der beginnenden Fürstendämmerung
die einzige Persönlichkeit von Würde und Gewicht gewesen". Eine Unterhaltung im
Januar 1918, die er mit der Großherzogin führte, schloß diese mit den Worten: „Herr
Fendrich, wir haben den Krieg schon verloren." Auch dem Prinzen Max von Baden, dem
letzten kaiserlichen Kanzler, der scheitern mußte, weil er viel zu spät berufen worden
war, obwohl er selbst zum Kommen bereit gewesen ist, widmet Anton Fendrich Worte
hoher Anerkennung.

Ein ungemein reiches Leben erschloß sich Anton Fendrich immer wieder aufs neue.
Mehr und mehr waren auch die sogenannten „Großen" der Zeit dahinter gekommen, daß
in Anton Fendrich auf seltsame Weise Geist und Seele sich miteinander verbanden, was
ihn befähigte, tief in die Zusammenhänge der Geschehnisse hineinzublicken, ihm zugleich
aber auch den unbeirrbaren Mut gaben, freimütig auszusprechen, was andere nicht zu
sagen sich getrauten.

Es wäre sicher abwegig, wollte man davon sprechen, es könne zu einer Neubelebung der
Lektüre der Bücher Anton Fendrichs kommen. Unsere Zeit — der alte Schreibersmann
dieser Zeilen fühlt das deutlich genug — ist anders geartet als jene, aus der Anton
Fendrich nicht wegzudenken ist. Aber dann und wann einmal nach seinen Büchern zu
greifen, dann und wann einmal ihn zu zitieren, dann und wann einmal seine eindrucksvolle
, so wohltuende Erscheinung und Gestalt sich ins Gedächtnis zu rufen —■ das vertrüge
sich durchaus mit unseren Tagen. Anton Fendrich verdient es, daß wir uns vor ihm
tief verbeugen.

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