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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1972/0030
So zwingen sie z. B. 1662 die Klosteruntertanen, nicht nur dem Abt, sondern auch ihnen
selbst zu huldigen. Im folgenden Zeitraum versuchte Straßburg auch, die vom Reich
erhobene Türkensteuer auf die Abtei umzulegen. Aber auch Österreich präsentierte dem
Kloster dieselbe Steuerrechnung, da es das Kloster nach wie vor als souveränen und somit
zahlungspflichtigen Reichsstand betrachtete.

Die Spannungen zwischen dem Kloster und der bischöflichen Verwaltung in Ettenheim
trieben Anfang des 18. Jahrhunderts ihrem Höhepunkt zu. Zwei Affairen haben dann
dieses Pulverfaß zur Explosion gebracht: Die eine, 1729, als der Ettenheimer Schultheiß
Meyer von Klosterleuten zu Schweighausen verhaftet wurde, und die andere, 1737, als
das Kloster selbst die Kindsmörderin Ursula Tränkle zu Münchweier hinrichten ließ.
Da uns beide Ereignisse gut überliefert sind und sie uns auch einen guten Einblick erlauben
, wie ernst man auf beiden Seiten die Sache genommen hat, möchte ich kurz darüber
berichten.

Wir erinnern uns an ein mit der Gerichtshoheit zusammenhängendes Recht, dem sog.
Geleitrecht für Verbrecher, lat „Ius conducendi criminosos". Dieses Recht hatte das Kloster
von alters her inne, und es hatte es auch immer zäh verteidigt.

Nun geschah 1729 folgendes: Im fürstenbergischen Haslach im Kinzigtal wurde ein Mordbrenner
namens Matthäus Neumayer verhaftet und eingesperrt. Es gelang ihm, aus dem
Gefängnis zu fliehen, aber er wurde bereits kurze Zeit später aufs neue von den bischöflichen
Behörden in Ettenheim inhaftiert. Auf das Auslieferungsbegehren fürstenbergischer
Amtsstellen hin sollte er nun erneut nach Haslach ins Gefängnis gebracht werden. Entsprechend
den geltenden Rechtsgewohnheiten hätte das folgendermaßen vor sich gehen
müssen: Der bischöflich-ettenheimische Amtsschultheiß geleitet mit einigen Bewaffneten
den Verbrecher bis zur Grenze des Klostergebietes — genauer bis zum Bannsteinbuck vor
Münchweier. Dort übergeben sie den Gefangenen den Leuten des Klosters, die ihn ihrerseits
bis zum Fürstenbergischen Gebiet geleiten und dort den Fürstenbergern ausliefern.

Daß die Ausübung dieses Geleitrechtes von den Menschen der damaligen Zeit als wichtiges
Zeichen der Landeshoheit angesehen wurde, haben wir schon gesehen. So verwundert
es uns auch nicht, daß das Ettenheimer Amt diesmal die Gelegenheit beim Schöpfe
packte, um dem Kloster neuerlich ein wichtiges Recht de facto zu entreißen und es weiter
seiner Herrschaft unterzuordnen. Schon einmal, nämlich 1657, hatten die bischöflichen
Beamten versucht, einen aus der Haft zu Grafenhausen entwichenen und im Hachbergi-
schen Brettental wieder aufgegriffenen Übeltäter auf eigene Faust durchs Klostergebiet
hindurch zu transportieren. Durch den entschlossenen Widerstand des Klosters, das einen
Trupp Bewaffneter auf den Pfingstberg legte und dort den herannahenden Ettenheimer
Amtmann samt seinem Ochsenwagen gefangen setzte, wurde dieses Vorhaben jedoch
vereitelt.

Diesmal glaubte man nun also in Ettenheim wieder, die Stunde sei günstig, um dem
Kloster seine Macht zu zeigen. In aller Stille setzte sich in Ettenheim der vom Amtsschultheiß
Meyer geführte Trupp mit dem auf ein Pferd gebundenen gefangenen Neumayer
in Bewegung. Sie überschritten die Grenzen des Klosters und zogen über den
Streitberg hinweg in Richtung Schweighausen/Kinzigtal. Dr. Zienast, der Amtmann des
Klosters, hatte jedoch von der Sache rechtzeitig erfahren und legte sich mit einer Schar
von 25 bewaffneten Klosterleuten an der Straße vor Schweighausen in einen Hinterhalt.
Als nun Meyer, zusammen mit zwei Ettenheimer Amtsboten, dem fürstenbergischen Amtsschaffner
Chorhummel und dem Verbrecher herankam, wurden sie von Zienasts Leuten
umzingelt, festgenommen und zur Abgabe der Waffen genötigt. In Schweighausen angekommen
, wird Meyer samt seinen zwei Begleitern trotz Bitten und Flehen in das sogenannte
Häusle, den Ortsarrest also, eingesperrt.

Zienast ritt danach mit sechs Mann und dem Verbrecher zum Bannstein auf dem Geißberg
, wo dieser dem bereits wartenden Trupp fürstenbergischer Leute ausgeliefert wurde.

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