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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1972/0033
Wallburg, Dörlinbach, Grafenhausen, Ringsheim, Rust, Kappel und Orschweier genossenschaftlich
genutzt. Da sich nun die hier anstehenden Streitfragen nicht nur im Rahmen
des 18. Jahrhunderts erklären lassen, möchte ich an dieser Stelle einen kleinen Exkurs
zur Geschichte des Genossenschaftswaldes einflechten.

Wie schon erwähnt, durfte der Wald von allen obengenannten Orten genutzt werden,
und zwar so, daß es keine festen Nutzungsgrenzen gab, sondern sogenannte Nutzungskontingente
, deren Ausmaß sich je nach der Einwohnerzahl eines Ortes richtete. Die Waldgenossen
durften sich im Wald ihr Bau- und Brennholz besorgen, und es war ihnen erlaubt, ihre
* Schweine zur Eichel- und Bucheckerzeit zur Mast in den Wald zu treiben, aber das nur
in bestimmten Grenzen. Die Oberaufsicht über die Waldungen lag bei der Stadt Euenheim
; ihr stand es zu, den Waldmeister zu ernennen, die forstpolizeilichen Aufgaben wahrzunehmen
und die Menge des Holzeinschlages zu bestimmen. Das Kloster nahm eine Art
Mittelstellung ein zwischen dem Ettenheimer Obergenossen und den einfachen Mitgenossen;
als „Freigenosse" hatte es das Recht, am Aufstellen der Waldordnung mitzuwirken.

Es müßte uns ja nun sehr verwundern, wenn es bei so eng ineinanderverflochtenen Nutzungsinteressen
und Rechten nicht zu handfesten Konflikten gekommen wäre. Hinzu kam
noch, daß die Einrichtung der „Markgenossenschaft" aus dem frühen und hohen Mittelalter
stammte, aus einer Zeit also, die die genau abgegrenzten Territorien mit ihren
landesherrlichen Rechten nicht kannte. Scharf formuliert könnte man also sagen, daß sich
diese Genossenschaft schon im späten Mittelalter überlebt hatte und nur noch mit großen
Schwierigkeiten funktionieren konnte.

So blieben denn die Streitigkeiten im Laufe der Geschichte auch nicht aus, die sich vor
allem um die Waldweide drehten. Im Jahre 1482 beschwerten sich die Waldgenossen in
Euenheim darüber, daß das Kloster 40 Schweine in den Wald getrieben habe, während
sich von ihren eigenen Schweinen nur immer je zwei im Walde vollfressen dürften. Das
Kloster scheint aber solche Klagen nie sehr ernst genommen zu haben, und so trieb der
„Schweinekrieg" unaufhaltsam seinem Höhepunkt entgegen. 1576 schickte der Obergenosse
einen Trupp Leute aus, trieb 80 Klosterschweine, die widerrechtlich im besten
Teil des Waldes geweidet hauen, nach Euenheim und hielt sie dort ohne Futter mehrere
Tage im Stadtgraben fest. Die Folge davon waren zahlreiche „Sauprozesse", die sich fast
über ein ganzes Jahrhundert hinzogen.

Wie oben schon kurz erwähnt, waren zwischen 1730 und 1740, also während der Zeit der
größten Spannungen, zwei Siedlerstellen des Klosters im Wald oberhalb Münchweier von
Ettenheimer Leuten zerstört worden. Dies ging folgendermaßen vor sich: Den Etten-
heimern waren diese beiden Siedlungen im Brudergarten und am Schönheidenbrünnle
schon von jeher ein Dorn im Auge, da sie glaubten, die beiden Siedler würden in ganz
besonderem Maße Waldraubbau treiben. 1730 war die Zeit für eine Ettenheimer Klage
vor dem bischöflichen Gericht in Zabern besonders günstig— wir befinden uns ja mitten
in der Auseinandersetzung um den Fall Neumayer. Die Stadt erreichte nun ein Versäumnisurteil
gegen das Kloster, und 1738 wurden die Siedlungen im Beisein des bischöflichen
Oberamtmannes zerstört — eine Tat, die man später als die „Rache der Ettenheimer
" bezeichnet hat.

In der Zeit der Entspannung nach 1740 wird nun also auch dieser Streitfall geschlichtet.
Am 14. Juni 1741 handelt das Kloster mit dem bischöflichen Rat Franz Melchior Fischer
eine Ubereinkunft aus, die 28 Artikel enthält, aus denen ich einige Punkte anführen
möchte:

Die zerstörten Siedlungen werden nicht wieder aufgebaut; das Kloster erhält als Ersatz
dafür vom Obergenossen 50 Jauchen (= 18 ha) Wald zur alleinigen Benutzung in der
Nähe des ehemaligen Köcherhofes. Das Kloster verpflichtet sich, das Holz für das
Landolinsbad künftig nur noch aus eigenen Waldungen zu holen, den genossenschaftlichen
Klingelweg oberhalb St. Landolin instandzusetzen und seine hintere Säge wieder allen

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