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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1972/0045
Alemannisch Bruck — hochdeutsch Brücke
ein Beispiel sprachlichen Ausgleichs

Von Otto Basler

Überqueren von Wasserläufen (soweit nicht erkundete Furten leichteren und gefahrlosen
Übergang ermöglichten), Überwinden morastiger Niederungen stellten dem Menschen Aufgaben
, die schon in ältesten Zeiten nur mit technischen Hilfen der Holzzurichtung, von
Stamm und Astwerk, durch Axt und Beil möglich waren. Alle Neuerungen, die ja nur
das Material betreffen, sei es Stein, Eisen, Stahl, Beton oder Auffahrt, bleiben hier beiseite
. Bodenfunde sind dafür Zeugnisse und treten auch heute noch in unseren Bereichen
auf. Aber auch die S p r a c he gibt Sicherheit hohen Alters von Birke, Buche,
Eiche, Erle, Weide u.a. und von Nadelhölzern als Baustoffen. Brücke und Prügel
gehören sprachlich zusammen, und Knüppel, z. B. in der üblichen Zusammensetzung
Knüppelweg, gehört hierher. Das sprachliche Feld lebt fort in der Fülle der Ortsnamen
und erleichtert uns dadurch das Verständnis und die Deutung lautgesetzlicher Formenentwicklung
, da wir die Ortsnamen geographisch und siedlungsgeschichtlich wie stammesgeschichtlich
festgelegt sehen: von Norden aus gesehen Brügge (Flandern), Osnabrück
(Niedersachsen), Königsbrück (ehem. Kgr. Sachsen), Fürstenfeldbruck (Oberbayern), Seebruck
(am Chiemsee), Innsbruck (Tirol), Bruck a. d. Leitha (Niederösterreich), Bruck a. d.
Mur (Steiermark), Hölzlebruck und Seebrugg (südlicher Schwarzwald), Brugg (Aargau).
Gleiches ließe sich auch für die Familiennamen älterer Zeit zeigen, soweit sie sich nicht
durch Wanderungen in neue sprachfremde Räume abgesetzt haben.

Auf oberdeutschem Boden (im Mittel- und Südbayrischen und im südlichen Alemannischen)
herrscht Bruck. Für den Bereich des alten badischen Landes haben wir im nördlichen
Teil „Brücke", im südlichen Teil „Bruck": die genaue Abgrenzung beider Formen
ist noch festzulegen, wozu das Badische Wörterbuch Bd. I: 1925—1940, S. 340, Grundlegendes
bietet.

östlich von Offenburg, dem „Gebirg", der Brandeck zu, in einer halben Stunde erreichbar,
liegt in ebener Lage das ehemalige Dorf Zell, das mit Weierbach und höher gelegenem
Riedle zu einer Einheit zusammengewachsen ist. Für die sprachliche Betrachtung wird bedeutsam
, daß bis 1805, dem Jahr der Übernahme in Baden, die Zugehörigkeit zur
„Landvogtei Ortenau" bestand, während Offenburg bis 1803 „Reichsstadt" war. Hier
liegt eine Aufgabe, Verschiedenheit von Sprachformen zwischen Stadt und Dorf, die bis
nahe ans Heute durchgeht, zu klären. Unsere Beobachtungen zum mundartlichen Wortgut
gehen bis in den Anfang unseres Jahrhunderts zurück, sie sind durch die Jahrzehnte hindurch
geprüft, erweitert und in ihrem Wandel verfolgt worden. Um 1900 etwa war die
Offenburger Stadtsprache in ihren Grundlagen noch gut mundartlich, und so ist es bis auf
den Tag geblieben, aber die hochdeutsche Überfremdung setzt doch schon früh ein. Das
Dorf Zell-Weierbach-Riedle dagegen, wie auch nahe gelegenes Fessenbach u. s., hatten
durchaus fest die Mundart bewahrt in Laut, Form, Redeweise, die auch noch von der
Schule gepflegt wurde. Der Sprachbereich war gesichert, umgrenzt durch bäuerliches Leben
in Haus und Hof, durch Arbeiten auf dem Acker, auf den Matten, in den Reben und im
Wald. Der Gemeindegrund zur Lebenshaltung der „Zeller" genügte nicht für die einheimi-

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