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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1972/0191
krieges (1775—1783) tätigte, dem man bescheinigte, daß er mehr als irgendein anderer
zur Befreiung Amerikas beigetragen und „die Wertschätzung der werdenden Republik
errungen" habe4, der Verfasser der bekannten Komödie „Le Barbier de Seville" (1775),
zeichnete fortan vergleichsweise bescheiden als „Correspondant general de la societe lit-
teraire et typographique de Kehl", nachdem er für 160 000 Livres von dem Verleger
Charles-Joseph Panckoucke dessen gesammelte Hand- und Druckschriften Voltaire's und
für weitere 150 000 Livres von dem englischen Schriftgießer Baskerville dessen berühmten
Lettern erworben hatte5. Man könnte annehmen, daß es besonderen Mutes bedurfte, um
die Druckerei in Kehl anzusiedeln, da König Ludwig XIV. im Jahre 1773 seine Untertanen
angewiesen hatte, „kein Magazin oder Niederlag ihrer Kaufmanns-Güter und Waaren zu
Kehl zu haben; wie auch weder directe noch indirecte an diesem Etablissements Theil zu
nehmen, noch dieselbige auf einige Art und Weis zu begünstigen . . ." 6, aber es liegt auf
der Hand, daß ein solches Riesenunternehmen mit seiner Publizität, als Sehenswürdigkeit
ersten Ranges, mit seinen fürstlichen Besuchern und den fürstlichen Empfängen seiner
Generaldirektoren kaum im Verborgenen blühen konnte. Zwar rinden sich bei den Ausgaben
Voltaire's und Rousseau's im Impressum (DE L'IMPRIMERIE DE LA SOCIETE
LITTERAIRE-TYPOGRAPHIQUE) keine Hinweise auf Kehl als Druckort, aber doch
bei anderen Werken, die ebenfalls dort gedruckt wurden, und im übrigen trat die „Societe"
auf der Leipziger Messe im Jahre 1784 mit 17 und 1785 mit 18 französischen Titeln in
Erscheinung, wobei sicherlich nicht alle Verlagswerke erfaßt sind. Die offizielle Duldung
der Druckerei war also ganz offensichtlich, und in der Tat hatte Graf Maurepas auch die
Protektion des Königs für das Unternehmen zugesagt7. Beaumarchais unterrichtete aber
den Minister, daß er sich mit seinem Unternehmen außerhalb seines und des königlichen
Machtbereiches begeben habe, aber so nahe der Grenze, daß er vom Königreich alles das
profitieren könne, was seinem großen Unternehmen nützlich wäre. Angesichts der großen
Schwierigkeiten, die sich in Frankreich ergäben, sei es für alle zweckdienlicher, wenn er
Voltaire's Werk außerhalb Frankreichs Grenzen drucke". Der Graf fand diese Überlegung
vernünftig. Gudin verfehlt nicht, zur Ehre der Regierung anzuerkennen, daß die Herausgabe
Voltaire's stets den gleichen Schutz genoß. Die Bücherballen waren durchaus ordnungsgemäß
an den für die Zensur zuständigen Kanzler oder an den Polizeipräfekten von
Paris gerichtet9.

Bis der Druck anlaufen konnte, mußte Beaumarchais recht erhebliche Summen für den
Kauf von Papierfabriken und die Einrichtung seiner Druckerei im Kehler Festungsgebiet
investieren: bis 1784 wurden 3 Millionen Livres aufgewendet, aber schließlich entstand
ein Unternehmen, von dem Heinrich Campe nach einer Besichtigung im Jahre 1785 sagen
konnte: „Eine so ansehnliche Druckerei als diese ist, hat, soviel ich weiß, noch nirgends
existiert"10, und über das Ehrmann berichtete: „Was nun die Beaumarchaissche Buchdruckerei
betrifft, so muß ich Dir sagen, liebes Brüderchen, daß beinahe alles, was die

4 Paul Frischauer, Beaumarchais, Wegbereiter der Großen Revolution, Hamburg 1961, S. 247.

5 Robert Diebl, Beaumarchais als Nachfolger Raskervilles. Entstehungsgeschichte der Kehler Voltaire-Ausgabe
in Baskerville-Typen, Frankfurt am Main 1925.

8 Wolf von Härder, Wie Kehl sein Stadtrecht erhielt. In: Mein Heimatland, 1933, Heft 5/6, S. 193.

7 Gudin, S. 243.

8 Daß Beaumarchais in Kehl drucken wollte, konnte auch steuerlich von Vorteil sein, denn nach einem
Edikt von 1777 wurde nach einer Entziehung der Druckprivilegien „die neue Lizenzerteilung mit einer
je nach dem Format des Einbandes gestaffelten Steuer belastet. Folianten wurden mit der enormen
Summe von zweibundertvierzig Livres versteuert. Auf der untersten Stufe standen die Duodezbändchen
mit nur dreißig Livres" (Werner Krauss, Studien zur deutschen und französischen Aufklärung, Berlin
1963, S. 117).

9 Gudin, S. 321. Über die Handhabung der Zensur in Frankreich: Krauss, S. 121 ff.

10 Joachim Heinrich Campe (1746—1818), Pädagoge und Schriftsteller, Erzieher der Brüder Humboldt, wurde
1786 vom Herzog von Braunschweig mit der Neugestaltung des Schulwesens beauftragt. Herausgeber des
„Braunschweigischen Journals" (1788—1791). Dazu auch: Wilhelm Methler, J. H. Campe besucht in Kehl
die „Bücherfabrik" des Herrn von Beaumarchais. Kehler Zeitung, Weihnachten 1966.

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