Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1972/0198
Handschreiben an eine Anzahl Gelehrte herantrete, um sie einzuladen, an diesem Werk
Anteil zu nehmen. Dies werde mehr fruchten als seine Einladungen, womit er zweifellos
recht hat. Er denkt zunächst an Klopfstock, den er seiner Autorität wegen, die dieser in
Deutschland besitzt, für einen kleinen Beitrag gewinnen möchte, und wäre es auch nur
der Artikel über die Epopee. Nichts wird vergessen, was dem Anlaufen des Unternehmens
nützen könnte. Er müsse mit verschiedenen Gelehrten Rats pflegen; in Karlsruhe wüßte
er gegenwärtig nur den Geh. Rat Boeckmann. Und vertraut mit unseren menschlichen
Eitelkeiten: „Außer dem ansehnlichen Honorar, das wir den Gelehrten anordiren werden,
haben Ew. Exc. noch andere Mittel in Händen, die Gelehrten mit Titeln und Charakters
zu belohnen, die manchem ein Sporn sein werden, nach allen Kräften für das Werk zu
arbeiten." Für die Aufsicht über das Ganze weiß Müller allerdings niemanden, da kein
Lessing mehr da war.

Jeden Teil der Enzyklopädie würde er den Großen, besonders den deutschen Fürsten zueignen
, und er kann auch schon darauf verweisen, daß er bei Nachsuchung des kaiserlichen
Privilegiums, welches bereits ausgefertigt vorliege, die vorläufige Erlaubnis erhalten
habe, den ersten Band der kaiserlichen Majestät zu widmen33. Das reicht ihm alles noch
nicht aus:

„Es wäre mir aber besonders lieb, wenn Ew. Exc. das Werk dem Fürsten Kaunitz empfehlen
wollten, auf eine solche Art, daß mir von des Fürsten Kaunitz Durchl. öffentlich
in unserer Ankündigung sagen dürfen, daß er dasselbe protegiere, den Gelehrten, den
Schulen und Gymnasien empfehlen wollte. Das würde dem Absatz in den österreichischen
Staaten ungemein vorteilhaft sein."

Man sieht, die Verleger verstanden etwas von ihrem Geschäft!

Müller denkt weiter: „Außer dem Kaiserlichen — haben wir noch das Preußische, Sächsische
und ein Schweizer Privilegium nötig." Er empfiehlt dem Freiherrn, wegen des
preußischen Privilegiums an den Minister von Zedlitz nach Berlin und wegen des
schweizer nach Zürich zu schreiben. Die Vorschläge sind kaufmännisch einleuchtend, doch
kann man sich kaum vorstellen, daß die Regierung sich derart für ein privilegiertes
Unternehmen einsetzen und dafür die Verantwortung übernehmen würde. Interessant auch
sein Hinweis: „Nach Sachsen kann ich's ohne viele Empfehlungen oder große Schwierigkeiten
besorgen, und noch in dieser Woche schreibe ich deshalb nach Dresden." 34 Diese
Jagd nach Privilegien war tatsächlich nötig, um gegen die Nachdrucker geschützt zu sein,
wenigstens weitgehend, denn einen absoluten Schutz gab es nicht, da man beispielsweise
in Wien „nicht selten die Nachdrucke einzelner mit kaiserlichem allergnädigstem Privilegio
versehener Bücher ebenfalls privilegierte"35. Müller verfehlte übrigens nicht, auch dem
Freiherrn zu schmeicheln, indem er ihm zum Dank einen Teil des Werkes zueignen will.
Für die Firmierung wählte er den Namen „Typographische Gesellschaft" in Kehl. Daß
das geplante Werk nicht zustande kam, lag wohl mit daran, daß es an geeigneten Mitarbeitern
mangelte. Bei seiner Beurteilung des möglichen Käufermarktes ging Müller davon
aus, daß derjenige Teil der Leser noch sehr ansehnlich war, der kein französisches
Buch lesen konnte und dem ein solches Werk in deutscher Sprache ein sehr willkommenes
Geschenk sein würde. Er hoffte auf den „Patriotismus" bei den Freunden der deutschen
Literatur, der dieses Werk, von deutschen Gelehrten bearbeitet, unterstützen würde.

33 Man darf wohl annehmen, daß diese Erlaubnis durch Vermittlung des Grafen Kaunitz-Rietberg zustande
kam, der zu den Enzyklopädisten gehörte: „Voltaire war sein Lieblingsschriftsteller, Rousseau in
Paris sein Secretär gewesen." (Clemens Theodor Perthes, Politische Zustände und Personen in Deutschland
zur Zeit der französischen Herrschaft, Bd. II, Gotha 1869).

34 Er muß über gute Beziehungen zum Hof in Dresden verfügt haben, doch konnten nach Mitt. des
Staatsarchivs Dresden vom 24. 8. 70 keine Unterlagen gefunden werden. In den Akten der kursächsischen
Behörden über Zensur-, Buchhandels-, Buchdruck- und Konzessionsangelegenheiten sind Angaben
über J. G. Müller oder Bärstecher nicht nachweisbar.

35 Karl Buchner, Wieland und die Weidmannsche Buchhandlung, Berlin 1871, S. 10.

196


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1972/0198