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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1972/0222
über dem Gymnasium illustre und dem Special Gerwig gegenüber keine Verbindlichkeiten
mehr. Treuttel sollte neben der 3. Hypothek die ganze Kehler Druckerei „und vorzüglich
alles, was zum Behuf der Druckarbeiten für Herrn Hofrat Treuttel bereits angeschafft ist
oder noch angeschafft wird, es seien lettres und Schriften, Pressen, Kästen oder was son-
sten zur Druckerei gehört, es möge Namen haben, wie es wolle" unterpfändlich sein.
Auch bezeugte der Schuldner, daß er infolge eines besonderen mit Treuttel abgeschlossenen
Vertrages über den Druck der verschiedenen Schriften und Bücher, die er für dessen
Rechnung wirklich druckt oder noch drucken wird, demselben ein oder auch mehrere
Magazine unentgeltlich zur Aufbewahrung der für ihn gedruckten Schriften und des dafür
notwendigen Papiervorrates förmlich in seinem Haus abgetreten und bewilligt und ihm
auch einen Schlüssel dazu ausgehändigt habe. Die Schuldner mußten ausdrücklich „feierlichst
Verzicht" auf alle und jede ihnen zustattende kommende Rechtsmittel und Behelfe
leisten.

Dieser bisher unbekannte Vertrag verdeutlicht, wie hochempfindlich und krisenanfällig
das Müllersche Unternehmen angesichts des in seinem Betrieb arbeitenden hohen Fremdkapitals
war. Von einer unternehmerischen Bewegungsfreiheit war nur noch bedingt die
Rede. In seiner Abhängigkeit von Treuttel wird auch der Erlös für die beiden Zeitungen
nicht sehr groß gewesen sein, denn nachdem Mitte Mai 1790 die endgültige Trennung von
ihnen erfolgte, verständigte Amtmann Strobel zwei Monate später mutmaßliche Gläubiger
, darunter auch Professor Seybold, vom Stand der Dinge. Er teilte ihnen mit, daß
der größte Teil der Gläubiger den Gant nicht begehre. Müller war offenbar verreist,
denn in etlichen Briefen versichert er, daß er die Gläubiger vor Verlusten retten werde.
Strobel warb verständnisvoll um ihre Geduld, was angesichts des zweifelhaft gewordenen
Wertes des Müllerschen Hauses sicher nicht allzu schwer war. Die Unruhen in der Ortenau
waren zwar unterdrückt worden, aber die in Massen über den Rhein herüberströmenden
Emigranten sorgten für neuen Zündstoff, und schließlich hielt ein starkes Kontingent
badischer Truppen in Kehl die Erinnerung an das vergangene Jahr wach. Daß 1790 in
Kehl die katholische Garnisonskirche zusammengeschossen wurde, geschah „ohne jede Veranlassung
von deutscher Seite" so schnell und unerwartet, daß nicht einmal das hochwürdigste
Gut daraus gerettet werden konnte" 76.

Gesellschafter der Benjamin Gottl. Hoffmann und Comp.

Die Beweglichkeit, die man heute in einer sich so schnell wandelnden Welt vor allem auf
beruflichem Gebiet für besonders notwendig erachtet, finden wir bei vielen Menschen
schon zu allen Zeiten. Und bei J. G. Müller herrschte an geistiger Mobilität kein Mangel.
Er wollte zwar der Druckerei und dem Buchhandel entsagen, doch finden wir beispielsweise
noch in der Beilage zum 234. Stück des Politisch-Litterarischen Kuriers Anzeigen,
daß bei Müller, ältern, und in der Fürstl. Gymnasiums-Niederlage in Karlsruhe das
„Handbuch fürs Volk, in gemeinnützigen Unterhaltungen für alle Stände", das 1790 im
vierten Jahrgang erscheint, zu haben ist; ja, für Dezember wird noch die Ausgabe des
fünften Jahrgangs für 1791 sowie der Schreibkalender auf 1791, der Historische Landkalender
, der Genealogische Kalender und ein Taschenkalender angeboten. Außerdem erscheinen
noch die üblichen Bücherangebote. Daneben nahm er aber schon mit gewohnter
Tatkraft neue Vorhaben in Angriff. Dem Markgrafen hatte er seine verzweifelte Lage
nicht nur ausführlich beschrieben, sondern ihm auch deutlich zu verstehen gegeben, daß er
ihn für den Existenzverlust verantwortlich mache: „Ew. H. D. werden aus dieser detaillierten
Erklärung gnädigst zu ersehen geruhen, daß ich so handeln mußte, mein Interesse
zu befördern oder meine persönliche Freiheit mir zu erhalten." Und noch anzüglicher:
„Und da ich im vorigen Jahr empfindlich genug bestraft worden bin, um nicht fetzt in
täglicher Furcht zu stehen, es könnte mir noch schlimmer gehen, wenn ich länger eine

"6 Wilhelm Weiß, Geschichte des Landkapitcls Offenburg, I. Heft 1891, S. 218.

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