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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1972/0224
gestattet, daß die Stadt Gernsbach dagegen keine Einwendung mache, außerdem die Errichtung
einer Tabakfabrik und der Detail-Verkauf des Tabaks sowie die Betreibung
eines Spezerei-Krams, vorbehaltlich der Zustimmung der speyerischen Seite. Die Frage
bleibt zunächst offen, ob Müller tatsächlich nach Gernsbach umsiedelte.
Das behördliche Wohlwollen ist um so erstaunlicher, da Hofrat und Amtmann Strobel
den Herren Benjamin Gottlieb Hoffman und Johann Gottlieb Müller, ältern, drei Wechsel
über 4500 Livres präsentieren ließ, die sie leider nicht einlösen konnten, so daß Strobel
am 6. September 1792 eine Protesturkunde ausstellen muß. Aus der Stellungnahme Müllers
geht hervor, daß Treuttel als Gläubiger auf Gut und Waren einen Arrest erwirkt
hatte, so daß er sich ohne Vergleich aus dem Verkauf entschädigen müsse. Die drei
Solawechsel waren jeweils von beiden Kaufleuten unterzeichnet. Es schien ernst zu werden
, aber man wollte offenbar Müller nicht seiner Existenz berauben, denn zunächst
wurde gegen den abwesenden Hofbuchdrucker — den Titel durfte er offensichtlich noch
führen — zwar das Konkursverfahren eingeleitet, aber das Hofgericht zu Karlsruhe wies
das Amt Kehl dabei an, zunächst einen Vergleich zu versuchen. Eine Bestandsaufnahme
vom 4. Juli 1793 ergab für das Müllersche Vermögen in Kehl unter Ausschluß der vorrätigen
gebundenen und ungebundenen Bücher einen Betrag von 8581 Gulden, wobei die
Außenstände unbekannt waren. Die Passiven beliefen sich nach beiläufiger Berechnung auf
24 497 Gulden (ohne Zinsen), so daß eine beträchtliche Überschuldung festgestellt wurde.
Bei einer Zwangsversteigerung wäre demnach ein großer Verlust für die Gläubiger entstanden
, wobei Strobel in Erwägung zieht, daß die Gebäude bei der damaligen Kriegszeit
schwer oder vielleicht gar nicht verkauft werden können. Strobel schlägt deshalb einen
Vergleich vor, zumal Müller mehrmals versichert habe, daß er nicht nur in kurzer Zeit
nach Kehl komme, sondern sich auch zur Zufriedenheit seiner Gläubiger arrangieren und
Mittel angeben wolle, wie er sie nach und nach befriedigen könne. Die Gläubiger werden
auf den 7. August vorgeladen, doch wissen wir nicht, wie Müller und Hoffmann sich mit
ihnen verglichen haben. In diesem Jahr verliert sich zunächst seine Spur, und wir können
uns deshalb einer Frage zuwenden, die sich angesichts einer solchen Unternehmerpersönlichkeit
aufdrängt: Woher kommt dieser Mann, der in kurzer Zeit zwei Druckereien
errichtet, von denen allein die Kehler die größte Straßburger an Umfang übertrifft, der
zwei Verlage mit all den Unbequemlichkeiten der Entfernung leitet und sieben Zeitschriften
und Zeitungen (mit unterschiedlicher Erscheinungsdauer) herausbringt bzw. verlegt?

'Verlagsbuchhändler in Kleve und Düsseldorf

Wenn wir im Buch seines Lebens zurückblättern, findet sich eine für uns erstaunliche,
wenn auch zeitlich kürzere Parallele: in wenigen Jahren, etwa der Hälfte seiner Kehler
Zeit, entwickelt er in Düsseldorf und Kleve eine fast explosive Verlagstätigkeit, über die
wir durch eine eingehende Arbeit von Paul Bensei79 sehr gut unterrichtet sind. In einem
knappen Abriß berichtet auch Heinrich Pick80, der sich im wesentlichen auf Bensei stützt.
Als O(tto) L(euze) in der „Schwäbischen Chronik" (Schwäbischer Merkur, 1914, Nr. 305)
über den Inhalt der Arbeit von Bensei berichtet, schließt er bezeichnenderweise mit der
Feststellung: „Über das weitere Schicksal des unternehmenden Herrenbergers scheint unserem
Gewährsmann leider nichts bekannt geworden zu sein." Bensei hat offenbar nicht
weitergeforscht, und es ist deshalb nicht verwunderlich, daß auch in der neueren und guten
Arbeit von Mennenöh81 eine Anmerkung über die spätere Tätigkeit von Müller fehlt.

79 Paul Bensel, Niederrheinisches Geistesleben im Spiegel Klevischer Zeitschriften des. 18. Jahrhunderts
(Studien zur rheinischen Geschichte, Heft 1), Bonn 1912. Auf Bensei gründet wohl der Eintrag in der
Bibliographie der Württ. Geschichte, Bd. 6 (1927—1929), S. 220: Beerstecher (Bärstecher), Joh. Gottlieb,
Buchhändler und Verleger in Kleve und Düsseldorf, geb. Herrenberg 17. Jan. 1749." Er ist infolgedessen
unvollständig.

80 Heinrich Pick, Geistleben im Clevischen, Cleve 1924.

81 Peter Jürgen Mennenöh, Duisburg in der Geschichte des niederrheinischen Buchdrucks und Buchhandels

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