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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1972/0249
dieses nicht geschehe, so würde sich die Bürgerschaft lieber der Landeshoheit von Württemberg
unterwerfen, wo sie doch wenigstens glaubte, besser zu fahren, als unter der bisherigen
Patriziatsregierung.

2. Man habe auch Bärenstechers Anbringen gleichwohl nicht sehr viel geachtet, weil man
Mangel an Bevollmächtigung daran ausgestellt. Indessen habe man ihn auch nicht ganz
abgewiesen, und er habe versichert, daß die Vollmacht, von mehreren 100 Bürgern unterschrieben
, würde nachgereicht werden.

3. Bärenstecher habe Lust bezeugt, auch nach Paris zu gehen, und zu dieser Reise einen
Paß von der Polizei in Rastatt zu erhalten.

4. Bärenstecher sei wirklich noch in Paris, habe aber daselbst nichts ausgerichtet.

5. Es sei wirklich eine Unterschrift von 500 Bürgern vorhanden.

Der letztere Punkt ist übrigens kaum glaublich, da doch eine Unterschrift von 500 Bürgern
so ganz zu verschweigen nicht wohl Glauben verdient.

Was die Person Millers oder Bärenstechers anbetrifft, so ist er ein großer und starker
Mann, etlich um 40 Jahre alt, runden vollen Gesichts, spitzer Nase, hat schwarze Haare
und redet sehr gut deutsch und französisch."

Der Aufsehen erregende Schritt der bürgerschaftlichen Opposition löste bei allen schwäbischen
Reichsstädten eine intensive diplomatische Aktivität aus. Zur Erhaltung ihrer
Reichsstädtischen Unmittelbarkeit, die von außen bedroht war, und zur Abwehr der so
sichtbar gewordenen demokratischen Kräfte wandte sich der vom Ulmer Magistrat auf
den 2. März ausgeschriebene schwäbische Städte-Convent in beschwörenden Briefen an die
Reichs-Friedens-Deputation in Rastatt, an die kaiserliche Gesandtschaft und selbstverständlich
an die Kaiserliche Majestät. In den vom 12. März 1798 datierten Schreiben ist
die Rede von einigen übelgesinnten Reichsstädtischen Bürgern, die ihre Obrigkeiten in
einem gehässigen Licht darstellten, den Umsturz der bisherigen Verfassung betrieben
und ihre Erklärungen und Wünsche sogar unmittelbar bei der französischen Gesandtschaft
und beim Direktorium in Paris vorbrächten. Um diese „schlimmen Eindrücke"
wieder auszulöschen, werden die „Hochwürdigen, Hochgeborenen, Hochwohl- und Wohlgeborenen
, Höchst- und Hochzuverehrenden Herren" in Rastatt gebeten, die französische
Gesandtschaft darüber zu belehren, daß jenes Beginnen nur das Werk „einzelner
mißvergnügter oder unruhiger Personen" sei. Die Franzosen möchten ihren Vorstellungen
keinen Glauben beimessen, sondern sie vielmehr an ihre Obrigkeiten und zu ihren
Pflichten gegen Kaiserl. Majestät und das Reich zurückweisen 203 Noch etliche Wochen
später berichtet der badische Geheime Rat Meier aus Rastatt: „Die französischen Gesandten
werden immer noch von Deutschen selbst mit Revolutionsplänen häufig angegangen
, denen sie aber bis jetzo kein Gehör gegeben haben." 204 Und Müller erging es wohl
in Paris nicht besser, wenn man auch seine Darlegungen zur Kenntnis nahm 205. Seine
Familie war zunächst in Ulm geblieben, wo sie von der Obrigkeit nicht unbelästigt blieb,
und schließlich nach Kehl gezogen206. Da Müller in Paris auch nicht mit politisch
weitergesteckten Plänen zum Zuge kam 207, mußte er sich nach einem Erwerb umsehen.

203 Freiherr Münch, v. Bellinghausen, Protokolle der Reichsfriedensdeputation, Rastatt 1800, Bd. IV,
S. 434 ff.

204 Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins, NF Bd. 54 (93. Bd.), Heft 3, 1941, S. 621.

205 Nach Mitt. der Direction des Archives de France befanden sich folgende Stücke in ihrem Bestand:
ApHI 277, piece 77: memoire de Jean Gottlieb Muller adresse au Directoire, au sujet de la ville
d'Ulm, le 23 ventose an VI. AF^ 91, n° 2539 du 21 veniose an VI: analyse d'une lettre de Muller,
domicilii 638, rue du Bac, au sujet de la ville d'Ulm. Nach einer Randbemerkung wurden beide Stücke
dem Minister für auswärtige Beziehungen übergeben, doch wurden sie in der Serie AF^ (52 bis 90)
nicht aufgefunden. Nach Mitt. des Ministeriums für auswärtige Angelegenheiten — Archives diplomati-
ques — in Paris wurden auch in ihren Beständen diese Stücke nicht aufgefunden.

206 Bei der Taufe des Friedrich Reinhard Rehfuß am 7. Juli 1802 tritt an Stelle einer Taufzeugin Friedrich
(!) Gottlieb Müllers ehel. Hausfrau Maria Rehfuß auf.

207 Dazu: Alfred Rufer, Das Projekt für eine bis zum Main reichende helvetische Republik aus dem Jahr

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