http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1973/0228
Regierungsseitig wollte man das Vorkommnis nicht weiter verfolgen, weil ein im
Wald dem Wind und Wetter ausgesetztes Patent doch dem baldigen Verderben
anheimfiele.
Der Ubergang von der Baden-Badener Hoheit in die Baden-Durlacher ging nunmehr
ohne Weiterungen zu Staufenberg und seinen Orten vor sich. Das Besatzungskommando
rückte wieder ab, und Amtmann Prinz übte als badischer Beamter
die Justiz und Verwaltung aus.
Damit trat das Gebiet der Herrschaft Staufenberg, dessen wechselvolle Sondergeschichte
durch Jahrhunderte ging, im Rahmen eines größeren Staates in einen
neuen Zeitabschnitt ein, der weitere Umwälzungen bringen sollte.
Quellen:
Akten des Generallandesarchivs Karlsruhe, Herrschaft Staufenberg. Abt. 179.
Diersheim in der Revolution 1848/49
Von Gottlob Schlörer
Es ist eine immer wiederkehrende menschliche Schwäche, verunglückte Unternehmen
mit Spott und Schmutz zu überschütten, daß Folgegenerationen nur ein
Zerrbild des wirklich Gewesenen bleibt. Unser Bild von der Revolution kann
sich wesentlich klären, wenn wir das Geschehen im eigenen Dorfe während jener
Zeit aus gleichzeitigen Aufzeichnungen zu verstehen suchen. Dazu hatten wir hier
in Diersheim viele zuverlässig glaubwürdige Unterlagen in den Diersheimer Gemeindeakten
. Sie spiegeln die politischen und wirtschaftlichen Notzeiten, die
langsam aber stetig das Verlangen nach Besserung zur Lawine anwachsen ließen,
die dann unser Badnerland überrollte.
Was sind die wirklichen Gründe, daß sich ein rein bäuerliches Dorf so lebhaft
an der Revolution beteiligte?
Als der Verfasser zur Schule ging, hat man alle diese Revolutionäre als verbrecherische
Demagogen, als Volksaufwiegler gebrandmarkt. Meine Auffassung
heute ist geradezu entgegengesetzt. Diersheim war ein armes Kleinbauerndorf,
dem auch die fleißig betriebene Hausweberei nicht genug Verdienst brachte, das
karge Leben seiner Bewohner zu verbessern. Der damals „Wilde Rhein" hat zu
oft die Ernten geschädigt oder gar vernichtet, also mitgeholfen, daß die Lage der
Landwirtschaft verzweifelt wurde.
1845 und 1846 waren vollkommene Mißjahre. Die Kartoffelernten fielen in beiden
Jahren durch eine neuartige Krankheit ganz aus. Die Winterfrucht war
1845/46 durch Frost zerstört. Die im Frühjahr 1946 umgepflügten und neu eingesäten
Äcker brachten durch lange Trockenheit keine Ernte. Im Dorf aber waren
in 151 Häusern 804 Menschen zu ernähren, und ein durch die Stallhaltung stark
226
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1973/0228