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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
53. Jahresband.1973
Seite: 228
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1973/0230
Die schroffe Ablehnung der Kaiserwürde und der Reichsverfassung durch den
König von Preußen und seine offene Gegnerschaft gegen die vom deutschen Volk
gewählte Körperschaft bestärkte auch in Diersheim die republikanische Richtung.
Im Diersheimer Volksverein wurde jetzt durch Müller Hummel eifrig für die
freie Republik geworben. Bis auf 7 Fürstentreue, deren Führer der damalige
Pfarrer Sachs war, waren alle Diersheimer dem Verein beigetreten. Zu der am
13. Mai 1849 in Offenburg tagenden Volksversammlung waren wieder viele
Diersheimer auf festlich geschmückten Wagen gefahren. Das Präsidium führte
der radikale Jurist Armand Goegg aus Renchen. In der Gemeinderechnung sind
recht ansehnliche Beträge aufgezeichnet für schwarz-rot-goldenes Fahnentuch und
Bindfaden zur Befestigung der Maiensträuße. Wenn die Gemeindekasse die Kosten
trug, hieß das für den einfachen Bürger, daß seine Beteiligung nicht Unrecht sein
kann! Die in Offenburg beschlossene bewaffnete Hilfeleistung für die meuternden
Truppen zu Rastatt wurde auch in Diersheim sofort befolgt. Der zweite bewaffnete
Aufstand war ins Rollen gekommen. Schon 3 Tage nach der Offenburger
Versammlung am 16. Mai 1849 rückten die ersten 16 Mann aus Diersheim
in das Hauptquartier der Aufständischen bei Steinmauern unweit Rastatt
ab. Jeder hatte aus der Gemeindekasse 1 Gulden 30 Kreuzer Zehrgeld erhalten.
Am 17. Mai rückten 30 Mann ab mit je 2 Gulden 15 Kreuzer Zehrgeld. Auf
festlich geschmückten Wagen wurden sie an ihr Marschziel gebracht. Den Fuhrlohn
zahlte die Gemeindekasse. Daheim exerzierten täglich die Wehrfähigen und
erhielten dafür aus der Gemeindekasse zusammen 21 Gulden 54 Kreuzer Löhnung
für die Zeit vom 19. 5. bis 14. 6. 1849. 3 ausgediente Soldaten waren ihre Ausbilder
. Johann Jung, der für die Ausbildung verantwortlich war, erhielt den Titel
Hauptmann. Die Gemeinde kaufte ihm zum Zeichen seiner Würde einen langen
Schleppsäbel. Für die gesamte Mannschaft kaufte sie: 40 Filzhüte ä 2 Gulden
, den Federschmuck dazu lieferten die Diersheimer Gockelhähne, 40 Blusen
a 1 Gulden, 43 Tornister ä 1 Gulden 48 Kreuzer. Friedrich Rußi schlug die für
14 Gulden in Offenburg erstandene Trommel und erhielt dafür 5 Gulden 30
Kreuzer Löhnung.

Die Bewaffnung der Freischärler war erschreckend mangelhaft. Zivilkommissär
Hauß in Freistett hatte einige altertümliche Gewehre besorgt, die zum Hochzeitschießen
taugten, aber nicht zum Kampf mit ausgebildeten Soldaten. Das tat aber
der entfachten Begeisterung keinen Abbruch. Der letzte Transport der Diersheimer
kam laut Erzählung des Großvaters meiner Frau, Georg Lasch, der mit dabei war,
nur noch bis nach Stollhofen. Dort mußten sie umkehren und schon Flüchtende
aus Rastatter Gegend aufnehmen. Verwundet oder getötet wurde kein Diersheimer
bei den Kampfhandlungen. Nur einer mußte auf Kosten der Gemeinde behandelt
werden, da er bei einer Übung ein Bein gebrochen hatte. Der Kampf war
bald aus und der hellen Begeisterung folgte bange Sorge. „Ordnungstruppen" besetzten
das badische Land, so daß auch von den Rheinorten aus eine Flucht über
den Rhein unmöglich wurde. Am 2. Juli 1849 durchzog die erste preußische Ulanenpatrouille
unser Dorf. Sie hatte eine „Schwarze Liste" und suchte den Müller
Georg Hummel und andere erfolglos. Am 3. Juli kam eine Infantri-Patrouille des

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