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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
53. Jahresband.1973
Seite: 229
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1973/0231
20. preußischen Inf.-Rgts. nach Diersheim und ließ es sich hier gut sein. Die Gemeinde
zahlte den Wirten für Wein und Weißbrot 8 Gulden 54 Kreuzer als Beköstigungsgeld
. Für 2 Gulden war Fahnentuch besorgt worden, so daß beim Einzug
der Preußen preußisch und badisch beflaggt werden konnte.
Im August 1849 zahlte Diersheim für den Unterhalt der preußischen Truppen
843 Gulden an den Kriegskostenverrechner Kast in Rheinbischofsheim, und im
Jahr 1850 verlangte die „Großherzogliche Kriegskostenausgleichskasse" von
Diersheim 1. 375 Gulden, was unerhörte Umlagen erforderte. Der von den
Preußen in ganz Baden überwachte Belagerungszustand wurde auch bei uns in
aller Strenge durchgeführt. 3 Gulden Strafe bezahlte, wer abends nach 8.00 Uhr
erwischt wurde, wer öffentlich rauchte, wer einen Gendarm, einen Schreiber des
Bezirksamtes oder den gesetzten Bürgermeister nicht ehrerbietig genug grüßte.
Bürgermeister Stephan, seit 1844 im Dienst, war seines Dienstes enthoben, weil
er zu den Revoluzzern gehalten hatte. An seiner Stelle wurde Friedrich Hauß 2.
als neuer Bürgermeister eingesetzt. Daß aber die Diersheimer ihren Martin Stephan
nicht als Kriegsverbrecher ansahen, geht daraus hervor, daß sie ihn schon 1853
erneut zum Bürgermeister wählten und er in diesem Amt bis 1871 blieb.
Am 1. September 1849 fanden in Diersheim durch Gendarmen Hausdurchsuchungen
nach militärischem Eigentum bei Soldat Friedrich Gerber und Soldat Georg
Meier statt. Bei beiden fand man alte abgängige Dinge, die aber der Zeit entsprechend
zu 6 Gulden 6 Kreuzern abgeschätzt wurden. Uns ist heute besonders
wichtig, was der Chef des Großherzoglichen Bezirksamtes Rheinbischofsheim im
Strafbefehl schreibt:

„Die Gemeinde Diersheim wird für schuldig erkannt, den 10-fachen Betrag des oben
auf 6 Gulden 6 Kreuzer taxierten Wertes der aufgefundenen Gegenstände zu zahlen,
vorbehaltlich ihres Rückgriffes auf die Obengenannten.

Großherzogliches Bezirksamt Rheinbischofsheim 20. 10. 1849 Exter"

Durch einen barbarischen Unsinn gingen uns 1945 viele wertvolle Gemeindeakten
verloren. Zwei Diersheimer deckten sie in einer Kammer der Schulscheuer
vollkommen mit Kalisatz (Düngesalz) ein. Sonst könnte ich eine Sammelliste im
Original vorlegen, die in unserem Zeitalter der öffentlichen Sammlungen nichts
Neues bedeutet, uns aber ein Urteil erlaubt über die Opferbereitschaft der Diersheimer
, für eine von ihnen als gut erkannte Sache. Überschrieben war die Liste:
„Sammlung zur Verproviantierung von denen Lazaretten, wo unsere von den
Schwertern der Tyrannen verwundeten Helden sind." Leintücher, Hemden, Scharpie
, Weizen, Gerste, Bohnen, Erbsen und Geld wurden in erstaunlicher Menge zusammengebracht
.

Auf den damaligen Lehrer Duschiljo wirkte sich die Revolution nicht aus. Er
stand laut Schulakten jeglichem Umtriebe fern. Vielleicht ist das der Einwirkung
seines Ortsschulinspektors Pfarrer Sachs zu danken, der sich leidenschaftlich für
den Großherzog einsetzte. Das ist uns verständlich. Er hatte das „Großherzogliche
Pfarramt Diersheim" zu betreuen. Im Dorfe fand er nur 6 Anhänger. Alle
andern nahmen ihm seine Einstellung sehr übel. Das wirkte sich für den Kirchen-

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