Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
55. Jahresband.1975
Seite: 126
(PDF, 62 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1975/0132
unter dringenden Vorstellungen um die Freilassung der Gefangenen und um
Genugtuung. Dem ersten Wunsch wurde entsprochen, den zweiten schlug man
ab, da diese selbst Anlaß zu dem Zwischenfall gegeben hätten. In Grafenhausen
ließ man aber den Vorfall nicht auf sich beruhen. Am nächsten Tag durften
sich keine Soldaten auf der Straße blicken lassen; sie wurden mit Stockschlägen
in die Häuser getrieben. Ein Husar, der besonders bedroht wurde, weil er
gehauen hatte, floh nach Orschweier, wo er sich noch mit einem Offizier schlug.
Danach war es wieder ruhig, doch berichtete das Oberamt, daß die Bürger in
Grafenhausen und Kappel noch ziemlich schwierig seien und gedroht haben
sollen, wenn wieder etwas von der Art vorfalle, die Elsässer und die diesseitigen
Nachbarn um Hilfe anzurufen oder die Unruhigsten auf Schiffe zu laden
und ins Elsaß zu führen!

Man war seines Lebens nie sicher

Auch in Ettenheim war ein Teil der Bürgerschaft mit den Gästen unzufrieden,
weil sie ihr viel Unruhe verursachten. Henriette Dietz, Tochter des Bischöflich
Straßburgischen Oberamtmannes Franz Michael Stuber in Ettenheim, vermerkte
in ihrer Familienchronik: „Die jungen Franzosen waren meist aus
Burgund oder der Champagne und erhielten statt Geld meistens ganze Fässer
voll Burgunder oder Champagner Wein, so daß man die Bouteille für 24 kr.
haben konnte. Dann gab es unter ihnen täglich Schlägereien auf den Straßen
und in den Häusern, so daß man seines Lebens nie sicher war 55."

Im ganzen Oberamt Ettenheim beschuldigte man die Soldaten, besonders die
geborenen Franzosen, daß keine Weibsperson vor ihnen sicher sei, und daß sie
schon Mädchen von 12 bis 13 Jahren im Felde angegriffen hätten. „Bei dieser
wilden zügellosen Rotte kamen täglich Sachen vor, an die unsere Leute nicht
gewöhnt waren", schreibt Henriette Dietz. Eines Tages sei atemlos ein Bote
von Ringsheim gekommen, um Hilfe zu holen, da Bauern und Soldaten hintereinander
gekommen waren. Der Bürgermeister von Ringsheim erzählte,
„daß am hellen Mittag einige Franzosen ganz nackt in den Brunnen, wo um
diese Zeit die Mägde und Frauen das Vieh tränkten, gebadet hätten; die
Bauern waren über solche Frechheit so erbost, daß sie auf die Täter mit Prügeln
losgegangen, und nun jede Partei der anderen gegenüberstehe und drohe",
wobei die Franzosen mit Säbeln und Pistolen, die Bauern mit Mistgabeln und
anderen Geräten bewaffnet waren.

Rohan schickt seine Emissäre nach Kehl

Schon vor der Flucht der königlichen Familie am 20. Juni aus Paris traten
Agenten Rohans in Kehl auf, die nach einem Beschwerdeschreiben des Maire
Dietrich von Straßburg vom 14. Juni „keine andere Absicht hätten, als entweder
die Bürger von Straßburg zu mißhandeln oder Rekruten anzuwerben
und daß durch die Duldung solcher Leute das bisherige gute Einverständnis
zwischen Kehl und Straßburg leicht unterbrochen werden könnte 56." Man
hatte an einem Tag fünfzehn festgestellt, darunter den französischen Deserteur
Cavey, den man für besonders gefährlich hielt. Minister von Edelsheim versicherte
darauf dem Bürgermeister, daß Straßburger Bürgern nichts in den
Weg gelegt werde. Wozu die Emigranten fähig waren, zeigen die Ausschreitungen
auf Ettenheimer Gebiet. So mißhandelten beispielsweise am 19. Juli zwei
Berittene, die auf dem Weg nach Lahr waren, bei Mietersheim einen Weber-
Knappen aus Straßburg, zerissen seinen Paß, nahmen ihn zwischen die Pferde
und drohten ihm, den Kopf zu spalten, wenn er ein deutsches Wort rede! Zahlreiche
Fälle dieser Art führt J. Haas an: Unbewaffnete Straßburger wurden

126


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1975/0132