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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
55. Jahresband.1975
Seite: 129
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1975/0135
Das OA Mahlberg berichtet dazu am 9. Juli, daß der Kardinal dem Grafen gedroht
habe, wenn die Vorfälle so weitergingen, könne die Legion nicht mehr
im Oberamt belassen werden, doch zweifelte man sehr am Ernst dieser Drohung
. Er könne sie kaum in Güte verwirklichen, und außerdem hätte niemand
mehr von einer ausgewiesenen Legion zu fürchten als der Kardinal selbst.

Die Fahnenflucht nimmt zu

Nach der mißglückten Flucht des Königs machte sich bei der Legion tiefe Niedergeschlagenheit
bemerkbar. Bei den Offizieren wurde das Geld knapp, da
ihnen aus Frankreich nichts mehr geschickt werden durfte. „In den Lagern
sieht alles mutlos aus. An den Offizieren bemerkt man es insbesondere, die
freilich ihre bedenkliche Lage tiefer als der gemeine Mann fühlen mußten.
Letztere erhalten doch noch ihre Löhnung. Erstere hat man immer vertröstet,
daß in dem künftigen Monat die Abgabe der Gage anfangen werde. Aber bis
jetzt ist sie noch nicht erfolgt", schreibt Blittersdorf am 23. Juli. Die Fahnenflucht
nahm anscheinend bedrohliche Ausmaße an. Als man für die Truppen
Zelte aufstellte, errichtete man um das Lager einen Erdwall. Außerhalb des
Walles standen Wachen zu Pferd, und Soldaten der im Juni gebildeten Jäger-
Kompanie wurden auf dem Feld postiert: „Es geschieht, um die Desertion zu
verhüten, welche von Tag zu Tag stärker wird, da vorhin die Leute alle Freiheit
und einen größeren Sold gehabt, jetzt aber der letztere vermindert ist,
und niemand aus dem Lager sich ohne Erlaubnis begeben darf." Immerhin war
der Sold noch so beträchtlich, daß beispielsweise selbst Soldaten des kaiserlichen
Regiments Neugebaur in Freiburg desertierten, um sich in Ettenheim
anwerben zu lassen. Man nahm aber auch preußische Deserteure: „überhaupt
wird alles ohne Unterschied angenommen. Selbst solche, die körperliche Gebrechen
haben; zum Totschießen heißt es, ist jeder gut 61."

Nachdem die Jäger montiert und bewaffnet worden waren, verfolgten sie täglich
Deserteure, ja selbst in badisches Gebiet. Im Oktober wollten schließlich
zwei ganze Kompanien aus dem Lager bei Ringsheim fahnenflüchtig werden.
Bei einem Handgemenge mit dem übrigen Militär wurden zwei Offiziere und
fünf Gemeine getötet. Die Desertion verstärkte sich im Herbst, wohl wegen
der Witterung: „Die Mirabeausche Legion kampiert noch, und ist übel daran.
In den Dörfern des Oberamts Ettenheim will man sie nicht aufnehmen." Die
Fahnenflucht riß nicht ab. Am 16. November berichtete das OA Mahlberg erneut
, daß sie täglich wegen schlechter Kleidung und mangelnder Freiheit zunehme
. Auch die Jäger konnten das nicht verhindern, zumal sie oft selbst
samt ihren Pferden das Weite suchten. Am 10. Dezember meldete das Oberamt
wieder einmal: „In dieser Woche sind fünf von den Jägern durchgegangen,
ohne die vielen anderen zu rechnen, die sich täglich wegbegeben."

Die Werbung im Elsaß und bei der französischen Armee konnte nicht nur die
entstehenden Lücken füllen, sondern der Legion auch beträchtliche Verstärkung
zuführen. Bekannt wurde damals die starke Fahnenflucht beim irländischen
Regiment Berwick. Die Desertion setzte beim Regiment nach der Verhaftung
des Königs in Varennes ein und nahm immer stärkere Ausmaße an.
Die Kunde drang im Juli nach Mahlberg, daß das in Landau stationierte Regiment
übergelaufen sei62, und aus Rastatt wurde am 20. Juli der Durchzug
von Gruppen zu zehn bis zwölf Mann gemeldet. Am 22. Juli kamen die ersten
65 Mann an, die aber anscheinend über ihren Schritt nicht gerade glücklich
waren, berichtete doch das Oberamt: „Die von dem Regiment Berwick zu
Landau nach Renchen gekommene Mannschaft bereut zum großen Teil den

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