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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
55. Jahresband.1975
Seite: 143
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1975/0149
Als das Hochstift wegen des Aufruhrs im OA Oberkirch in den Jahren 1789
und 1791 insgesamt rd. 90 000 fl. aufnehmen mußte, um die militärische Exekution
durchführen lassen zu können, hatte sich der Kardinal verpflichtet, den
Kredit von 50 000 fl. beim Bankhaus Keller und Städel in Frankfurt in fünf
Raten zurückzubezahlen, wobei die erste Rate am 1. Januar 1792 fällig war 120.
„Infolge des Krieges", schreibt Schell, „wurde aber im Einverständnis mit dem
Domkapitel in Straßburg und mit dem Gläubiger die Rückzahlung immer wieder
hinausgeschoben." Nun war aber bei Fälligkeit der ersten Rate noch kein
Krieg, und die Frankfurter Bankiers konnten infolgedessen jene Erfahrung
machen, die die Kaiserin Maria Theresia bereits wenige Wochen nach dem
Amtsantritt Rohans als französischer Botschafter in Wien schriftlich fixierte:
„Man kann sich auf das, was er schreibt, nicht verlassen Am 16. November
des nächsten Jahres nahm er zwar 12 000 Gulden bei der Stadt Ettenheim
auf 122, doch wurde die Rückzahlung bis zum 1. Januar 1802 verschoben, aber
schließlich war das Bankhaus auch beim Tode des Kardinals noch nicht im
Besitz seines Geldes. Die Zinsen waren bis dahin auf über 12 000 fl. angewachsen
. Daß beispielsweise der Landvogt von Bruder erfolglos einen Prozeß gegen
den Kardinal wegen 18 000 Gulden geführt hatte, die er der Gemeinde auf
Ansuchen des Kardinals und der Kammer vorstreckte123, sei hier nur am
Rande vermerkt. Bei der Erbauseinandersetzung übernahm Baden die Forderungen
des Domkapitels in Höhe von rd. 56 000 fl., und der Markgraf ließ
die Forderungen fallen, die die Klöster Gengenbach (7280 Gulden) und Etten-
heimmünster (31 619 fl.) vom Kardinal zu erhalten hatten. Schließlich standen
u. a. die Forderungen des Freiherrn von Türckheim aus dem Verkauf des
Gutes Bosenstein in Höhe von 30 000 fl. und des Regierungsdirektors Elbling
sowie des Landvogtes von Lassolaye von insgesamt 9166 fl. an die Herrschaft
noch offen. Persönlich schuldete er dem Herschel Levi in Ettenheim noch
1833 fl., dem Schultheiß Prokopp in Kappelrodeck 1500 fl. und dem Kloster
Ettenheimmünster 3850 fl., die der badische Staat nicht übernehmen wollte.
Sein Tod regelte auch dieses Problem.

Wenn auch Rathgeber bemerkt, daß Rohan sich immer mehr von der Welt
abgewandt habe, „um sich den Werken der Wohltätigkeit zu widmen", so entwertet
er diese Behauptung durch seinen eigenen Hinweis auf das Schicksal
der von Rohan geprellten deutschen Hofjuweliere August Böhmer und Paul
Bassenge, die er nach dem Urteil vom 31. Mai 1876 durch das Pariser Parlament
zu bezahlen hatte 124:

„Er verpflichtete sich denselben gegenüber, eine jährliche Summe von 300 000
Livres aus den Einkünften von der Abtei St. Waast bis zur völligen Schuldtilgung
auszubezahlen. Dieses Abkommen wurde aber nach dem Ausbruch der
Französischen Revolution durch die Einziehung der Kirchengüter hinfällig. Die
unglücklichen Verkäufer des Halsbandes gerieten infolgedessen in die tiefste
Armut. Böhmer wurde geisteskrank in ein Irrenhaus bei Mailand gebracht
und starb 1795 in Stuttgart. Bassenge, 1742 in Prenzlau geboren, zog während
der Französischen Revolution aus Paris nach Dresden, schilderte von dort aus
noch 1801 seine bittere Not in erfolglosen an den Kardinal von Rohan nach
Ettenheim gerichteten Briefen und starb 1802 zu Paris. Ihre Nachkommen, durch
das Rohansche Gantedikt mit 1 306 032 Livres, Zins ungerechnet, in die fünfte
Klasse verwiesen, erhielten nicht einmal den Betrag der Prozeßkosten."

Der Legendenbildung von der Wohltätigkeit des doch stets überschuldeten
Kardinals, der die Juweliere in Verzweiflung trieb, obwohl nach dem Urteilsspruch
noch einige Jahre zur Schuldentilgung bis zur Einziehung der Kirchengüter
verblieben und die reiche Abtei Sankt-Wedast zu Arras ihm jährlich

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