Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
55. Jahresband.1975
Seite: 172
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1975/0178
Er steht in einer Art von gotischer Kapelle, deren bunt bemaltes Netzgewölbe
sich in hohem Rundbogen gegen den Haupteingang der Kirche
öffnet. Im Eckpfeiler rechter Hand ist eine Laterne ausgehöhlt, mit einem
Thürchen nach außen und einer Fensterrahmung nach dem Bildwerk zu.
Die ewige Lampe, die hier wohl brannte, warf des Abends ihren Schein
gerade auf die Hauptfigur, den knieenden Heiland. (. . .)

Den vorderen Abschluß der in Terrassen ansteigenden Scene — denn an
eine solche fühlt man sich lebhaft erinnert — bildet faschinenartiges
Flechtwerk; es soll die Erde des Vordergrundes halten und ist zugleich
eines der Mittel, wodurch die Scenerie als Garten gekennzeichnet wird.
Allerhand Blumen und Kräuter von Stein sprießen zwischen den Faschinen
. Ein zierlich geformtes Täfelchen, das an dem Flechtwerk befestigt
ist, trägt ein (.. .) Künstlermonogramm und die Jahreszahl 1524, während
ein zweites Täfeichen von gleicher Form uns meldet, dass 1820 das Denkmal
renovirt wurde.

Auf dieser vordersten und zugleich tiefsten Terrasse nun, die von den
Faschinen gehalten wird, sind die drei Jünger des Herrn symmetrisch
verteilt. Linker Hand sehen wir im tiefsten Schlafe hingestreckt Jakobus;
seine Rechte hält noch das Buch, worin er zuletzt gelesen. Johannes nimmt
die Mitte ein; er sitzt auf einem aus unregelmäßigen Steinen aufgeschichteten
Sitze. Das bartlose, von Locken umrahmte Haupt hat er in die Linke
gestützt, die Augen sind im Halbschlummer geschlossen, doch die Rechte
blättert noch mechanisch in einem Buche, das auf seinem linken Knie
liegt. Rechts in der Ecke, dem Jakobus linker Hand entsprechend, kauert
Petrus. Er hat sich soeben von der Erde aufgerichtet, offenbar durch den
Waffenlärm der im Hintergrund auftauchenden Häscher geweckt. Nur
mühsam bringt er die von Schlafsucht schweren Lider auseinander und,
die seinem Meister drohende Gefahr erkennend, tastet er nach seinem
Schwert, das samt Wehrgehäng vor ihm an der Erde liegt. Das cholerische
Temperament des Apostels kommt ebenso in den energischen Gesichtszügen
wie im Faltenwurf seiner Gewandung zum Ausdruck: es ist, wie
wenn der Sturm in dem weiten Mantel wühlte, der ihm zu Häupten flattert
.

Hinter den drei Apostelgestalten erhebt sich das Gelände zu einer zweiten
Terrasse. Diesmal nicht durch Faschinen, sondern durch eine Art von
Weinbergmauer gestützt. Auch an ihr wachsen allerhand Blumen und
Ranken hinauf, deutlich lassen sich Farrenkräuter und Disteln, auch Wegerich
- und Erdbeerstauden unterscheiden, echt deutsche Pflänzchen, die
in der Flora Palästinas kaum vorkommen dürften. In den Lücken und
Ritzen der mit Absicht unregelmäßig geschichteten Mauer brachte der
Künstler allerhand kleines Getier an, vor allem fette Weinbergschnecken,

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