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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
55. Jahresband.1975
Seite: 177
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in die Nähe burlesker Derbheit führte und als solche speziell in den Häscherfiguren
zum Ausdruck kam. So etwa, dies aus dem nächstliegenden
Freiburger Spiel, wenn Judas das Blutgeld vorgezählt wurde; woraus
dann, sofern wieder einmal schlechte Münze in Umlauf war, eine handfeste
Prügelei sich zu entwickeln pflegte9. Nicht anders Malchus, nachdem
Petrus (der ja auf dem Offenburger Ölberg gerade zum Schwert
greift) ihm das Ohr abgeschlagen hat:

„O we, dz ie ich wardt geporen!
Secht, dz recht ohr hab ich verlohren.
Von dem ich großen schmertzen han:
Der glatskopf hat mir's gethon."10

Vorab freilich ist darauf hinzuweisen, daß diese Rüpel, auch die zum
Bildwerk versteinerten, hinsichtlich ihrer Wirkung und Deutung ein Rätsel
aufgeben: sind es „die biederen Handwerker, die hier, kriegerisch aufgeputzt
und doch so unendlich harmlos, an uns vorbeimarschiren"11, oder
nicht vielmehr „in ihrer abschreckenden Häßlichkeit und Gewöhnlichkeit
scharf charakterisierte Gestalten"12? Davon wird noch zu reden sein. —
Gleichwohl war das Passionsdrama auch sehr zarter und inniger Töne
fähig; wofür die Trostworte des Engels aus der Ölbergszene des Donaueschinger
oder Villinger Spiels den Beweis antreten mögen:

„Sün, bis stet in dinem liden,
wann ich wil alzit by dir bliben
vnd stercken dich in diner not:
du must erlösen mit dinem tod
die verlornen durch Adam vnd Eua val:
durch dich sy werdent erlöset all!
dar vmb gib dinen willen dar in,
wann, sün, es mag nit anders sin!"13

Solche Einfühlung deutet aber bereits auf den zweiten Ursprung der
Plastik.

Denn zum anderen, so wurde gesagt, fußte der Ölberg auf mystischer
Religiosität, die er umgekehrt auch wieder ausbreiten half; am liebsten
nämlich betrachtete der Mystiker die Passion Jesu in ihren Stationen, und
deren bildhafte Darstellung stand an Anfang und Ende seiner Kontemplation
. Ölberg, Schmerzensmann, Marienklage, Heiliges Grab, der Kreuz-

9 Vgl. Baumgarten, a.a.O. S. 30.

10 Ebda.

11 Ebda. S. 34.

12 Max Wingenroth, Die Kunstdenkmäler des Kreises Offenburg (= Die Kunstdenkmäler des Großherzogtums
Baden Bd. 7). Tübingen 1908, S. 494 (Abb. gegenüber S. 492).

13 Eduard Hanl (Hrsg.), Das Drama des Mittelalters. Passionsspiele II (= Das Donaueschinger Pässions-
spiel). Leipzig 1942, S. 171 f. (V. 2034—2041).

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