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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
55. Jahresband.1975
Seite: 226
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wir zu sterben an" 7: solches Memento mori ertönt in unzähligen Variationen
durchs ganze Barock und ist doch nur der Kontrapunkt zu seiner unbändigen
Vitalität. Der Tod als Gegensatz des Lebens hebt endlich noch
dessen Gegensätze auf: „ich hab gesehen, daß der Tod ein Donnerkeil, der
nit allein trifft die durchsichtigen Strohhütten, sondern auch die durch-
leuchtigsten Häuser der Monarchen; ich hab gesehen, daß eine goldene
Krön und eine Schmeerkappe, eine Scepter und eine Holzhacke, ein Purpur
und eine Joppe, bei dem Tod eines Gewichts und eines Gesichts
seynd" 8. So lautet das Thema bei Johann Ulrich Megerle aus Kreenhein-
stetten bei Sigmaringen, besser bekannt unter dem Namen Abraham a
Santa Clara.

Nicht nur die Dichtung, auch die Kunst der Zeit ist reich an Bildern des
Todes. Im Schlafraum der Eremitage sollte der knöcherne Schädel an den
eigenen Tod erinnern; auf dessen Präfiguration aber verweisen, in ihrem
Kapellenraum, die Bildwerke von Kreuzigung und Leichnam Jesu. Das
riesenhafte Grabdenkmal des Markgrafen in der Stiftskirche zu Baden-
Baden stellt sich als eine Bühne dar, worauf der Kriegsheld inmitten von
Requisiten seiner Ruhmestaten erscheint: aber unter all dem Prunk fehlen
nicht Totenschädel und Skelett. Einen seltsamen Widerspruch dazu
bildet, in der sonst so prächtigen Schloßkirche zu Rastatt, die schlichte
Grabplatte der Markgräfin (auf die sie, als Kaiserin Helena dargestellt,
vom Deckengemälde herniederblickt) mit der Aufschrift: „Betet für die
große Sünderin Augusta."

Es war ihr letzter Wille, daß man in ihrem letzten Bauwerk auf diese
Weise ihrer gedenke. Zum Schluß also noch einmal eine antithetische
Wendung, noch einmal eine theatralische Wirkung? — Kaum etwas könnte
das Antithetisch-Theatralische heller beleuchten als die Tatsache, daß
Leopold I. (er hatte die vom jungen Markgrafen ausgefochtenen Türkenfeldzüge
veranlaßt, an seinem Hof hatte die junge Markgräfin mehrfach
verweilt), daß dieser Kaiser sogar sein Sterben unter den Klängen der
Hofkapelle zu einem prunkvollen Staatsakt ausgestaltete fl, derart wie auf
einer Bühne aus dem Leben in den Tod ging; derselbe Kaiser, der
Abraham a Santa Clara zu seinem Hofprediger berief.

„Bis zuletzt der bleiche Tod / Uns verscharret in den Kot" 10 — bis zuletzt
hat Sibylla Augusta von Baden auf der Weltbühne ihre gespaltene Rolle

7 Sigmund von Birken, zit. ebda. S. 28.

8 Abraham a Santa Clara, Adams-Kinder. Hrsg. von Walter Höllerer. (Frankfurt/M.) 1959, S. 28.

9 Vgl. Flemming, a.a.O. S. 31.
10 Johann Rist, zit. ebda.

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