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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1976/0052
Nur wenige Tage sollten vergehen, bis sich den Bürgern Oberkirchs eine neue
Gelegenheit bot, sich in Szene zu setzen. Am 10. September 1848 fand nämlich
in Achern eine Volksversammlung statt, an der eine Reihe namhafter deutscher
Politiker republikanischer Prägung, wie Brentano aus Bruchsal, Mörder
aus Mannheim, Meißner aus Wien, Künzer aus Konstanz, Rößler aus Preußen,
teilnahm. In Oberkirch wurde am Tag vor der Acherner Versammlung auf den
Straßen und in den Gasthäusern eine größere Anzahl von Einladungen zur
Acherner Versammlung verteilt. 52 Am Morgen des 10. September machten sich
dann die Oberkircher Republikaner mit ihrer Fahne auf den Weg zum Versammlungsort
.

In Achern hörten sie gewichtige Forderungen, wie diejenige nach der Auflösung
der badischen Volks- und Adelskammer und der Einsetzung einer verfassunggebenden
Versammlung; auch die Anwendung bewaffneter Gewalt zur
Durchsetzung republikanischer Ziele wurde proklamiert; überdies sollte die
politische Arbeit und Agitation in Vereinen, Volksversammlungen und Petitionen
intensiviert werden; aber auch die Forderung nach dem Sturz der reaktionären
Regierung unter Bekk und Mathy wurde von einigen Rednern erhoben.

Nach Abschluß der Acherner Versammlung wurde eine Deputation zu Hecker
nach Straßburg geschickt, um ihm vor seiner Abreise nach Nordamerika Abschiedsgrüße
zu übermitteln. Zu diesem Schritt hatten sich die Bürger Oberkirchs
übrigens schon am 8. September 1848 entschlossen. 53

Als die Oberkircher Delegation am Abend des 10. September 1848 nach Oberkirch
zurückkehrte, wurde sie mit Hochrufen auf Hecker und die Republik von
der Bevölkerung empfangen. Angeregt durch die Eindrücke, die sie in Achern
sammeln konnten, organisierten die Rückkehrer zusammen mit den Daheimgebliebenen
, unter denen auch die „Weibsleute und die Schulknaben" waren,
am gleichen Abend einen Marsch durch die Stadt und vollführten vor der Wohnung
des Rechtspraktikanten Beust, vor dem Amtshaus und nach 22 Uhr vor
der Wohnung eines Rechtspolizeiassistenten eine „Katzenmusik". Außerdem
versuchten die Teilnehmer des Protestmarsches, den inhaftierten Oberkircher
Freischärler Georg Stehler zu befreien.54 Nur mühsam gelang es dem Oberkircher
Bürgermeister und dem Brigadier Dewerth, die fanatisierte Volksmenge
zu beruhigen und schließlich zum Heimgang zu bewegen. Bei seinen Beschwichtigungsversuchen
mußte sich der genannte Brigadier folgende Bemerkung eines
Oberkircher Stadtrates gefallen lassen: „Jetzt habe man einen Volksstaat und
keinen Polizeistaat mehr, in Karlsruhe sogar habe man inmitten der Bajonette
einem Mißliebigen zweimal Katzenmusik gemacht, sohin werde es hier auch
geschehen dürfen." 55

Am darauffolgenden Tag (11. September) versammelte sich eine große Zahl von
Oberkircher Bürgern im Gasthaus zum Greifen, um über die Befreiung Stehlers
zu beratschlagen. Man erneuerte schließlich den am Abend zuvor gefaßten
Beschluß: Stehler sollte notfalls mit Gewalt befreit werden.

Diese Entscheidung alarmierte den Oberkircher Bürgermeister, der sogleich
den Stadtrat einberief. Dieser entschied, daß unverzüglich eine Abordnung
zum Oberkircher Amtsvorstand gehen solle, um dort eine Lösung in der Sache
Stehler anzubahnen. Der Abordnung des Oberkircher Gemeinderates schlössen
sich alle diejenigen Bürger Oberkirchs an, die für die Freilassung Stehlers
plädiert hatten. Es waren etwa 100 an der Zahl. Über den Amtsvorstand mußten
sie sich belehren lassen, daß die Freilassung Stehlers nicht in die Entscheidungsgewalt
des Oberkircher Amtsvorstandes falle. Daraufhin beschloß
man, eine Gruppe von Bürgern nach Freiburg zum dortigen Untersuchungs-

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