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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1976/0074
Das Bild, als dem Text eingefügte Illustration, wird zur Ausdeutung seiner
Aktualität und fordert den Leser zum Nachdenken über das Gelesene
auf, ja zur Stellungnahme sowohl zum Text wie zum Bild. Durch die
starke Verallgemeinerung der in der Dichtung enthaltenen Probleme,
Ausdruckswerte und Stimmungselemente, in der Konzentaration auf symbolhaft
-allegorische Bildmotive können viele der Blätter — viel mehr
noch als bei Klemms Kriegsvisionen — textunabhängig für den Betrachter
als in sich geschlossene Bildaussagen existieren.

Mit skizzenhaften Zeichnungen illustriert der sudetendeutsche Maler und
Graphiker Josef Hegenbarth um 1960 sowohl den Simplicissimus
wie die Courasche. Dieser skizzenhafte Stil entspricht der inhaltlichen
Wiedergabe des Textes. Einzelne Momente werden dadurch in ihrem zeitlichen
Übergangscharakter festgehalten.20

Im I. Buch, 12. Kap. des Simplicissimus wird berichtet vom Abschiedsschmerz
des jungen Simplicius, als der Einsiedler ihm seinen bevorstehenden
Tod eröffnet (Abb. 10).

Herzliebster Vater, antwortet der Junge, willst du mich denn allein in
diesem wilden Wald verlassen? Soll denn . .. mehreres vermochte ich nicht
herauszubringen, denn meines Herzens Qual ward aus überflüssiger Lieb,
die ich zu meinem getreuen Vater trug, also heftig, daß ich gleichsam wie
tot zu seinen Füßen niedersank. Er hingegen richtet' mich wieder auf, tröstet
' mich, so gut es Zeit und Gelegenheit zuließ.

Das innige Verhältnis der beiden wird in einer unrealistisch hellen Zone
mit zarten Strichen erfaßt, gerahmt durch brutal anmutende tiefschwarze
Strichlagen über dem Rücken des Einsiedlers, die als drohende Schatten
des unausweichlichen Schicksals zugleich zu einer inhaltlichen Aussage
werden.

Diese Kontrasttechnik zwischen einfacher Zeichnung und plötzlich tiefschwarz
anschwellenden z. T. undifferenzierten Strichpartien dient einer
Akzentuierung des dargestellten Inhalts, wie etwa bei Simplicius Vernaschen
der Augen des Kalbskopfes, den er dem Gubernator von Hanau
servieren sollte (Abb. 11).

Im Text ist die Szene wie folgt beschrieben (I, 29): das Aug lachte meine
Augen, meine Nasen und meinen Mund zugleich an, und bat mich gleichsam
, ich wollte es doch meinem heißhungerigen Magen einverleiben: Ich
ließ mir nicht lang den Rock zerreißen, sondern folgte meinen Begierden,
im Gang hub ich das Aug mit meinem Löffel, den ich erst denselben Tag
bekommen hatte, so meisterlich heraus, und schickte es ohne Anstoß so
geschwind an seinen Ort, daß es auch kein Mensch inne ward, bis das
Schüppen-Essen auf den Tisch kam.

Wiederum gibt die Zeichnung gerade den Übergangsmoment zwischen
Herausnehmen des Auges und Herunterschlucken wieder, sie lenkt den
Blick auf die Akzente, Kalbskopfauge, herausgenommenes Auge und gie-

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