Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1976/0220
Rastatter Kongreß einen politischen Druck auszuüben, ist ungeklärt. Aus welchen
Gründen auch immer der General sein Vorhaben faßte, für die Jakobiner
stellte es ein willkommenes Bündnis dar. Die Leitung des geplanten Umsturzes
lag offenbar in den Händen des damals in Straßburg wohnenden Georg Friedrich
List, der dort auf die tatkräftige Mitwirkung der deutschen Jakobiner
rechnen konnte; die Gruppe stand in engem und vertrautem Kontakt mit Auge-
reau und seinem Stab. Parallel zu dem Vorhaben Augereaus lief die Bestrebung
Bonapartes, die Schweiz zu revolutionieren. Seit dem Frühjahr 1797 hatte
Johann Gottfried Ebel, Attache der Frankfurter Gesandtschaft in Paris, vor
einer französischen Intervention gewarnt und gemahnt, ihr durch eine Verfassungsänderung
zuvorzukommen.104 Als Bonaparte bei einem Gespräch mit
dem Basler Oberzunftmeister Peter Ochs am 8. Dezember in Paris auf eine
baldige Revolution drängte, beabsichtigte dieser „eine Regeneration der Schweiz
durch eine Verfassungsänderung ,von oben' ", also durch die Schweizer selbst,
die in Basel ihren Anfang nehmen und sich von Kanton zu Kanton durchsetzen
sollte.1^ Angesichts des Verlaufes der Basler „Umschaffung" erscheint allerdings
die Auffassung schweizerischer Historiker, daß die Revolutionierung
„von oben" gelungen sei,106 äußerst fragwürdig. Ochs forderte im Namen der
Religion und des gesunden Menschenverstandes die Gleichstellung aller Bürger
des Staates, die Gleichheit von Stadt und Land und im Namen der Gleichheit
die Beseitigung der Privilegien.107 Aber gerade Gustav Steiner selbst sah
die Schwierigkeiten, auf legalem Wege durch die Regierung Privilegien abschaffen
zu wollen: „Es ist eine banale Selbstverständlichkeit, daß eben das
historisch Gewordene in seiner Starrheit das Hindernis war für eine den
neuen Ideen entsprechende Entwicklung." Und noch deutlicher: „Es war niemand
unter de Reformern, der den Glauben gehabt hätte, daß die herrschende
Klasse freiwillig, ohne jeglichen Druck, ihrer Vorrechte sich begebe, daß die
Volkssouveränität ohne Widerstand von den Großen Räten ausgesprochen und
repräsentative Verfassungen eingerichtet würden."108 Wenn der Aufbau des
modernen Staates erst durch die Zertrümmerung der bestehenden Odnung ermöglicht
wurde, wie Steiner meint, dann besagt auch sein folgender Gedanke
nichts anderes, als daß die Demokraten zwangsläufig revolutionär handeln
mußten: „Wer, wie Johannes von Müller, das Volk aushorchte und mit den
regierenden Häuptern die Fragen diskutierte, oder wie Ochs in den Mechanismus
des Staates hineinsah und das Beharrungsvermögen der Privilegierten
kannte, der konnte sich nie und nimmer einbilden, daß die Grundsätze der
Freiheit und Gleichheit von sich aus und durch ihren Eigenwert einen praktischen
Einfluß auf die bestehende Verfassung ausüben würden." 109

Zunächst bildete sich nach Pariser Vorbild am 14. Dezember 1797 das sogenannte
„Herrenkämmerlein" oder „Rheineck-Kämmerlein", eine exklusive Gesellschaft
revolutionärer und „bevorrechteter" Bürger, die ihre Sitzungen im
„Rheineck", dem Hause des Bierbrauers Erlacher neben der Rheinbrücke abhielt
. Die Gründung ging anscheinend auf Wernhard Huber und Johann Jakob
Erlacher jun. zurück, die nach Vermutung von Ochs auf Veranlassung von
Mengaud tätig wurden.110 Mengaud trat im Dezember die Nachfolge von Theobald
Bacher als Charge d'affaires an; er wohnte im Hotel Drei Könige, dessen
Wirt Ludwig Jselin dem „Kämmerlein" angehörte, so daß engste Kontakte
bestanden.

Basel war aber auch der Treffpunkt der Jakobiner beiderseits des Rheines;
man traf sich im Basler Lohnhof, im Eglinschen Kaffeehaus und beim alten Erlacher
zum Drachen, wo Bacher sein Quartier hatte. Bestanden so enge Beziehungen
der Jakobiner zu den französischen Diplomaten, war andererseits
die einheitliche Führung der deutschen Jakobiner durch die bewährte Gemeinschaft
von List und Jägerschmidt gesichert. Bacher war offenbar darüber

218


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1976/0220