Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
57. Jahresband.1977
Seite: 9
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manche zu echt wissenschaftlicher Tätigkeit auf dem Gebiet der Heimatgeschichte
führten. Auch Gottlob Schlörer war einer dieser Lokalhistoriker, dem
wir eine große Zahl eigenständiger Forschungen und Beiträge verdanken, die
bei den verschiedensten Anlässen der Öffentlichkeit zugutekamen. Als in den
dreißiger Jahren vor und während des Westwallbaues beim Kiesbaggern auf
Diersheimer Gemarkung ein Brandgräberfeld entdeckt wurde, war er es, der
den unkundigen Arbeitern beibrachte, behutsam vorzugehen, ihm alle Funde
zu melden, die er wie ein Archäologe vom Fach Stück für Stück barg, vom
Staub und Belag der Jahrhunderte mit dem Pinsel und anderm Spezialgerät
befreite. Zusammen mit Archäologen aus Heidelberg und Freiburg restaurierte
er zerbrochene Tonkrüge, stellte eine damals vielbeachtete Ausstellung in
Kehl zusammen, bei der auch die Schuljugend mitwirkte und auf Bildern zusammen
mit den schönsten Funden verewigt wurde. Es stellte sich heraus, daß
bei Diersheim ein Brandgräberfeld der Triboker, einem suebischen Volksstamm
, aus dem 2.—3. nachchristlichen Jahrhundert, entdeckt worden war. Ein
Teil der Funde kann heute noch im Badischen Landesmuseum im Karlsruher
Schloß besichtigt werden. Weitere Objekte wanderten nach Freiburg. Universitätsprofessor
Dr. Nierhaus verarbeitete nach dem Krieg in einem voluminösen
Bildband das Diersheimer Gräberfeld zu einem hochwissenschaftlichen Werk
und widmete dabei Gottlob Schlörer im Vorwort herzliche Worte des Dankes
und der Anerkennung für seine fachmännische Mitarbeit.

In jener Zeit hielt er die Schuljugend zu Familien- und Ahnenforschung an,
veranstaltete Trachtenfeste und versuchte, allerdings vergeblich, die überdimensionalen
Kappenschlüpfe der Frauen wieder auf die frühere, kleidsamere Form
um die Mitte des 19. Jahrhunderts, in zahlreichen Abbildungen erhalten, zurückzuführen
. Der Krieg unterbrach seine Schul- und Kulturtätigkeit jäh.
Schlörer wurde 1940 ins Elsaß „abkommandiert", um an verschiedenen Orten
als Schulleiter im Sinne der nach Straßburg übergesiedelten Karlsruher Mini-
sterialreferenten zu wirken. Das Ende des Krieges, als Schulunterricht im teilweise
evakuierten Diersheim wegen Artillerie- und Tieffliegerbeschuß nicht
mehr möglich war, erlebte Schlörer als Erste-Hilfe-Spezialist und Hilfstotengräber
, Katastrophenschutz- und Feuerwehrmann zusammen mit einer Gruppe
Unentwegter, die für die Bestellung der Felder, Versorgung des Viehs und
Schutz der Häuser und Stallungen vor Dieben und Plünderern sorgten. In
diesen schweren Tagen bewährte er sich als wahrer Wohltäter, dessen in echt
kurpfälzischem Dialekt gesprochenen aufmunternden Worte: „Bluudiche Henn-
kepf" (Blutige Hennenköpfe), „Was koscht die Welt, ich kaaf se!" (Was kostet
die Welt? Ich kauf sie), „Eich Kuddefräck schuf der Herr in seinem Zorn!"
(Euch Kuttenfräcke as Weiber ..., wenn sie vor Angst heulten) in manches
Diersheimers Gedächtnis unverlierbar verewigt ist.

Wie viele Lehrer im Hanauerland erlebte auch Gottlob Schlörer vom Mai
1945 bis zum 11. November 1948 eine Zeit der Ächtung und Demütigung. Als
Gelegenheitsarbeiter fristete er ein kümmerliches Dasein. Seine handwerklichen
und sonstigen Fähigkeiten aber nötigten auch seinen politischen Gegnern
Achtung ab. Schließlich wurde er auf Betreiben von Bürgermeister David
Schmidt und Pfarrer Dr. Erich Roth, die viele Bittgänge zu den Freiburger
und Offenburger Schulbehörden unternahmen, wieder „in Gnaden aufgenommen
". Mit Elan stürzte sich Schlörer damals in seine berufliche Arbeit. Seine
Erstkläßler bezeichnete er als „Seine Fröschle", mit denen er in großväterlicher
Güte umsprang. Wenn Freund Adebar den von ihm selbst gebauten
Storchenhorst auf dem Rathausdach als Frühlings- und Sommerquartier bezog
, meldeten ihm die Schulkinder alle Beobachtungen, die er ins „Storchen-

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