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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
57. Jahresband.1977
Seite: 202
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1977/0204
Jahre „ein Hort der protestantischen Bewegung" war, wesentlich zur Verbreitung
der reformatorischen Lehren beigetragen haben. Dennoch liegen die allerersten
Anfänge und der zeitliche Beginn der Reformation in der Ortenau in
ziemlicher Ungewißheit, wie schon Vierordt betonte.30

Der wohl früheste urkundliche Beleg für die Reformation in der Landvogtei
stammt vom 7. März 1525, als der Offenburger Kirchherr Kaspar von Mündt
einen Beschwerdebrief an den Straßburger Bischof schickte.31 Graf Wilhelm,
der Landvogt der Ortenau, habe „in kurtz verstrichnen tagenn" den tauglichen
Priester in Weingarten nahe bei Offenburg, der die Pfründe schon seit vielen
Jahren inne gehabt habe, „darvon gestossen und die einem andern, mir ganz
unbekannt ... gelihen und dahin gesetztt, ouch im empfolhen, alda zuo predigen
; welcher priester der Lutherischen sect ganz angeherigig".

Wie sehr Graf Wilhelm von Fürstenberg die Einführung der neuen Lehre in
der Landvogtei Ortenau betrieb, läßt sich nicht mehr sicher ermessen. Wir
können jedoch feststellen, daß sein Einfluß für die Reformation bedeutend
war.32

Aus späteren Jahren der Reformation erhalten wir einige Anhaltspunkte über
ihre Anfänge in der Ortenau. Der Straßburger Bischof Wilhelm beschwerte sich
1540 beim Römischen König Ferdinand über das Verhalten des Grafen Wilhelm
, u. a. auch hinsichtlich der Reformation in der Ortenau.33 Daraufhin versuchte
Graf Wilhelm, die Vorwürfe gegen ihn in einem Brief an König Ferdinand
zu entkräften.34 Der Klage, daß er „in der gemeinen Landtschaft Orthnaw
das Evangelium und lutherische Secten allein handthab, fürder und treibe",
setzte er dagegen: „Dann die unläugbar Warheit ist, das in der Pfandtschaft
Orthnaw das Evangelium vor den zweinzig Jaren gepredigt worden, zu der-
selbigen Zeit on mein Zuthun und sich also in meinem Abwesen ußwertiger
Land ye lenger ye mer ingerissen und ingewurzelt, daß ichs nit mögen abstellen
und seither bevolhen, an den Orten und Enden, do es gepredigt wurt, nichts
Andersts zu leren und zu predigen, dann das clar, luter Wort Gottes des alten
und newen Testaments on einig wyter Zuthun oder Abbruch." Dies sei dann
auch an vielen Orten geschehen, und keine Neuerung, Mißglaub, Sekte oder
Zwietracht im Volk von ihm gestattet worden.

Eine genaue Datierung für den Reformationsbeginn in der Landvogtei Ortenau
ist nach diesen Angaben nicht möglich. Die Behauptung des Grafen Wilhelm,
nach der bereits im Jahre 1520 der erste Anfang der Reformation gewesen sei,
ist wohl nicht ganz wörtlich zu nehmen. Wir können allenfalls davon ausgehen,
daß in den frühen zwanziger Jahren eine erste Fühlungnahme mit der reformatorischen
Bewegung von Straßburg her stattgefunden hat. Der erste Beleg
vom Jahre 1525, wonach Graf Wilhelm einen lutherischen Prädikanten gesetzt
habe, kann sich zeitlich bereits auf das Jahr 1524 beziehen, so daß wir von hier
an mit einer Intensivierung, ja sogar Lenkung der Ausbreitung der Reformation
rechnen können. Diese Annahme wird noch untermauert durch einen Brief
des Straßburger Reformators Caspar Hedio an den Grafen Philipp IV. von
Hanau-Lichtenberg im Jahre 1545, der diesem schrieb, er habe schon seit zwanzig
Jahren für den Grafen Wilhelm von Fürstenberg die Pfarreien der Ortenau

30 Vierordt, Geschichte der evangelischen Kirche im Großherzogtum Baden, Karlsruhe 1847, Bd. 1,
S. 308 ff.

31 Der eigentliche Vorgang reicht wohl schon in das Jahr 1524 zurück. GLA 119/1129; in Auszügen auch
bei: E. Batzer, Neues über die Reformation in der Landvogtei Ortenau sowie den Städten Gegenbach
und Offenburg, in: ZGORh 39 (1926) S. 73—75.

32 Vgl. Thoma, a.a.O. S. 23.

33 Das Schreiben ist wohl nicht erhalten; der Inhalt geht aber aus dem folgenden Brief des Grafen
Wilhelm von Fürstenberg an den Römischen König hervor; vgl. W. Frank, Zur Geschichte der Abtswahl
des Friedrich von Keppenbach zu Gengenbach im Jahre 1540, in: FDA 7 (1873) S. 93.

34 GLA 202/441 1540 August 7 (?); teilweise abgedruckt bei Frank, ebd. Beil. II, S. 97—101.

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