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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
57. Jahresband.1977
Seite: 207
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vermehrt um Religions- und Glaubenssachen kümmerten, erklärten „Schultheiß
Meister und Rat zu Gengenbach", daß sie kraft dieses Mandats dem Leutprie-
ster befohlen hätten, „das evangelium und wort gotts zu predigen und dem gemeinen
volk zu verkundigen". Ja sie hätten sogar den Leutpriester und seine
Helfer drei- und viermal gemahnt, sich an das Mandat zu halten und das
Evangelium „dar und lütter zu predigen" und dem Volk „der heiligen Apostel
Lere gemeß und keinem andern Synn nach außzulegen. Das (haben) er und
seiner helffer zuthun yeder zyt zugesagt".

Unter Schutz und Obhut des Rates konnte sich nun die Reformation in Gengenbach
entfalten. Daran änderte auch die Antwort des Straßburger Bischofs
nichts mehr, der sich nur auf sein vorangegangenes Schreiben berief.58

Wir können feststellen, daß die reformatorische Bewegung ähnlich wie in Offenburg
und in der Landvogtei Ortenau auch in Gengenbach früh auftrat. Den
ersten deutlichen Hinweis auf die Reformation geben die 30 Forderungen des
Rates von 1525, die zugleich stark politisch geprägt waren. Der ursprünglich dem
Kloster unterstellte Leutpriester Conrad Servitoris wurde zusammen mit seinen
Helfern vom Rat unterhalten. Der lange dauernde Streit mit dem Kloster hat
den Leutpriester wohl früh zu einem Anhänger der reformatorischen Bewegung
gemacht. Der Leutpriester sah in der Reformation die Möglichkeit, sich aus dem
Herrschaftsbereich des Klosters zu lösen, geriet aber zugleich unter die neue
Obrigkeit „Rat". Im Jahre 1525 verkündete er bereits das Evangelium im Dienste
des Rats. Wie wir den Klagen über ihn entnehmen konnten, waren bei ihm
reformatorisches Bewußtsein und Handeln und reformatorische Theologie 1526
bereits weit vorangeschritten.

Ein weiteres deutliches Zeichen für den Erfolg der Reformation in Gengenbach
ist die Tatsache, daß die Stadt 1529 bereit war, 39 evangelisch gewordene Bewohner
von Rottweil aufzunehmen, die wegen ihres Glaubens die Stadt verlassen
mußten.59

Mit dem Bekenntnis zur Reformation auf dem Augsburger Reichstag 1530 an
der Seite Straßburgs und Ottenburgs ging diese erste Phase Gengenbacher Reformationsgeschichte
allmählich in das Stadium der Verfestigung und Verwurzelung
über.

4. Der Verlauf der Reformation in Gengenbach

Seit dem Reichstag von Speyer 1529 und dem Augsburger 1530 hatte sich die
politische Situation im Reich gewandelt. Das Problem des Widerstandsrechts
gegenüber dem Kaiser war für die in Speyer Protestierenden brennend geworden
. Sie konnten darin jedoch keine Einigung unter sich erzielen. Luther, Me-
lanchthon und der Nürnberger Ratsschreiber Lazarus Spengler verwarfen jegliches
Widerstandsrecht gegen die weltliche Obrigkeit. Damit schlug Nürnberg
einen eigenen Weg ein, während jetzt Straßburg an die erste Stelle der protestantischen
Reichsstädte rückte.60 Die deutschen protestantischen Stände begannen
sich nun politisch zu organisieren, da sie sich vermehrtem Druck von Seiten
des Reichsregiments ausgesetzt sahen. Im Februar 1531 kam der Schmalkaldi-
sche Bund zustande, dem neben verschiedenen Territorien auch Straßburg und
zahlreiche oberdeutsche Reichsstädte angehörten. Der Protestantismus in
Deutschland begann sich zu festigen.

In Gengenbach, das nach dem Augsburger Reichstag im Gegensatz zu Offenburg
dem reformatorischen Bekenntnis treu blieb und sich noch enger an Straßburg
anschloß, ist ebenfalls eine Konsolidierung festzustellen. Die Stadt erscheint
nun häufiger als evangelische Reichsstadt. So nennt Martin Bucer in einem

58 GLA 119/1129 1527 Jan. 28

59 Vierordt, a.a.O. S. 316—317; Hitzfeld, Geschichte der Abtei, S. 79.

60 Vgl. Hassinger, a.a.O. S. 155; Fuchs, a.a.O. S. 160 und 167

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