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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
57. Jahresband.1977
Seite: 223
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1977/0225
Herrschaftsgebiet das kirchliche Leben geregelt worden war, konnte Wilhelm
1545 selbstbewußt die Aufnahme in den Schmalkaldischen Bund beantragen.^6

Noch bevor der Schmalkaldische Krieg ausbrach, wollte Wilhelm den Fortbestand
der Reformation in seiner Herrschaft sichern. Deshalb erließ er am 25. April 1546
ein Mandat, worin er die Einführung einer ständigen Visitation aller Pfarrkirchen
der Ortenau und des Kinzigtales regelte.137 Danach sollten Caspar Hedio
und sein Helfer Martin Schälling die Visitation jährlich im Beisein von Amtsleuten
des Landvogts vornehmen.

Neben dem Gengenbacher Kloster hatten inzwischen auch die Klöster des Kinzigtals
unter der Herrschaft Wilhelms zu leiden. Vom Kloster Wittichen wird
berichtet, daß der Graf bald nach seinem Herrschaftsantritt im Kinzigtal gewaltsam
in das Kloster eingedrungen sei, alles geraubt und die Klosterfrauen
gedrängt habe, sich zu verheiraten.138

Fragen wir nach der Rolle des Grafen Wilhelm von Fürstenberg hinsichtlich
der Reformation, so kann man feststellen:

a) Die Haltung des Fürstenbergers zur Reformation zeigt mit fortschreitenden
Jahren eine deutliche Wandlung. Während sein Kampf um das Gengenbacher
Kloster in den Jahren zwischen 1524 und 1538 geprägt ist von egoistischen, wirtschaftlichen
Interessen, die zu seiner persönlichen Bereicherung dienen sollten,
kann man ab 1540 einen vermehrten Einsatz für den Ausbau der Reformation
beobachten. Obwohl sein Streben nach persönlichem Reichtum wohl in keiner
Phase von der Sorge um die Reformation zu trennen ist, gewinnt doch das
letztere Motiv nach und nach an Bedeutung.

b) Die zeitbedingte Ausbildung landesherrlicher Gewalt machte vor Graf Wilhelm
nicht halt. Sein Einmischen in kirchliche Belange ist auch von dieser Seite
zu sehen.

c) Wilhelm zeigte sich als reformatorischer Landesherr, indem er Klöster nicht
nur ausnutzte, wie es auch katholische Landesfürsten taten, sondern auch aufheben
wollte. Er organisierte die Reformation besonders ab 1540 von oben
herab und kümmerte sich um ihre Ausbreitung, indem er den Reformator Hedio
in seinem Gebiet wirken ließ. Er stellte Prädikanten an, sorgte für ihren Unterhalt
und wollte durch die Anordnung einer jährlichen Visitation der neu
entstandenen evangelischen „Landeskirche" Dauer und Festigkeit verleihen.139

d) In Gengenbach zeigte sich die Rolle des Grafen für die Reformation darin,
daß sich seit 1525 seine Interessen gegenüber dem Kloster mit denen der Stadt
trafen: z.B. in dem Bestreben beider Parteien, die Pfarrei St. Martin von außerhalb
der Stadt in das Kloster zu verlegen, die Prädikanten im Kloster wohnen
zu lassen und eine städtische Schule zu errichten.

VI. Interim und Niedergang der Reformation in Gengenbach

1. Die Bedeutung und Auswirkung des Augsburger Interims

Nach den Kriegen gegen die Türken und den französischen König Franz I. zu
Beginn der vierziger Jahre des 16. Jahrhunderts wollte Kaiser Karl V. auch in
der Glaubensfrage eine Entscheidung herbeiführen.14" Die politischen Spannun-

136 MFFA I, Nr. 556, S. 407—409.

137 Schreckenstein, FDA 2, Beil. III, S. 27/28.

138 J. Meister, Kirchenpolitik der Grafen von Fürstenberg im 16. Jhd., Diss. Freiburg, 1909, S. 52.

139 Wenn Kohls, Gengenbacher Katechismus, S. 46, Anm. 3, eine direkte Förderung der Reformation in
der Ortenau und im Kinzigtal durch Graf Wilhelm nicht sieht, so schmälert er den Einsatz des Fürstenbergers
für die Reformation und will damit wohl ihre Ausbreitung mehr als eine Bewegung von
unten, vom Volke, als eine evangelische Bewegung verstehen. (S. o.)

140 Vgl. zum folgenden: Fuchs, Reformation, a.a.O. S. 183—192; Hassinger, a.a.O. S. 233—239.

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