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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
57. Jahresband.1977
Seite: 263
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eines alten Historiographen, die sie sich getrost auf die Fahnen schreiben sollte)
das „Vorurtheil zurückweisen, als ob es sich bei solchen Arbeiten nur um Oert-
liches handle. Daran ist so viel richtig, daß denselben, — wie auch jeder Lebenszeichnung
eines Menschen, eines Volkes oder Landes, — ein bestimmtes
Einzelnes zum Grunde liegt. Aber die Aufgabe der Geschichte ist es, dieses
Einzelne nicht nur, — wie etwa der sorgfältige Maler ein Gesichtsbild, — bis
auf die kleinsten Züge unterschieden und kennbar auszuführen; sondern dasselbe
auch an das Allgemeine und Ganze anzuknüpfen, und damit zugleich den
Antheil herauszuheben, welchen es von daher empfangen und dahin abgegeben
hat". 3

Und damit also zurück zum Ausgangspunkt. Das ist der „Luxus des Schlosses,
ein Luxus, in dem das Barock gleichsam sein eigener Orient wird, seine ,tau-
sendundeine Nacht'" 4 — dieser Satz meint an seinem Ort zwar das Schloß von
Bruchsal, doch gilt er mit noch größerem Recht für das von Favorite, dessen
Luxus, nicht nur was jenes Zimmer angeht, geradezu in seiner orientalischen
Ausstattung besteht. Im Sprachgebrauch der Zeit wird dieses östliche, besonders
aber das Chinesische allgemein als Indianisches bezeichnet; und so nennen
die Inventare des Schlosses denn auch genug .indianische Leuchter', ,indianische
Candors', ,indianische Thier und Figuren', ,indianischen Bast', .indianische Küstlein
' und .indianische Bichslein'. Letzteres bezieht sich auf kleine Behältnisse,
die mit chinesischer oder japanischer Lackmalerei verziert wurden; zum Teil
gar von der Markgräfin selber: ihr eigenes, handgeschriebenes Rezeptbuch, tituliert
als „Vierfacher Handschrein unterschiedlich angemerckter Kunst-, Speiß-,
Confitur- und Medizinal-Sachen", enthält auch genaue Anleitungen für „die
ausführliche und auffrichtige Lack- und Lasurkunst".5

Überhaupt trieb ihre Vorliebe fürs Chinesische seltsame Blüten, trieb auch weit
über die des Barock (von der noch zu reden sein wird) hinaus. Eine solche
Übertreibung stellt ihr am 11. Januar 1729 zu Ettlingen veranstaltetes chinesisches
Fest dar, welches der Augsburger Kunstverleger Johann Christian Leopold
immerhin so bemerkenswert fand, daß er es auf 23 Kupferstichblättern
festhalten und verbreiten ließ. Zu sehen war da etwa „die mit Speissen völlig
besetzte Hochfürstliche Panquet-Taffel", und diese trug, unter anderem, „Pagoden
oder Chinesische Vogelfänger mit gemästen Kramets-Vögeln, eine Pyramide
mit Chinesischen Sauren-Kraut, nebst einer Chinesischen Confect Schalen
und zwei dergleichen Vasen von weisem Wachs, die um und um zur Illumination
auf denen Parasols gestanden, eine Pyramide mit Austern, eine Chinesische
Pastette und andere auf diese Lands-Art zugerichte Speiße, unterschiedliche
Grotesquen, womit der Schweinskopff angeziert gewesen ist";6 wozu die Hofkapelle
in chinesischem Kostüm aufspielte. Uber diese „ungemeine Erfindung
und nie gesehene raritaet" bemerkte in seiner Widmung des Werks der Verleger
: „die Chinesisch und Japanische Kajser würden selber in vergnügteste
Entzückung gesetzet werden, wann sie in einem so weit entfernten teutschen
Pallast ihrer Reiche vortrefflichste Seltenheiten so magnific und von einer so
hohen Hand so nett rangiret und concentriret erblicken solten." '

3 Heinrich Schreiber, Geschichte der Stadt und Universität Freiburg im Breisgau. I. Theil. Freiburg
1857, S. III f.

4 Wilhelm Hausenstein, Badische Reise. München 1930, S. 39.

5 Zu diesem Abschnitt vgl. Renner, Kleinkunst in Favorite S. 336 f. (mit Näherem über die barocke
Orientmode sowie über Anfertigung, Aussehen und Anwendung der Lackmalerei).

6 Zit. nach: Rudolf Sillib, Schloß Favorite und die Eremitagen der Markgräfin Franziska Sibylla
Augusta von Baden-Baden (= Neujahrsblätter der Badischen Historischen Kommission NF 17J.
Heidelberg 1914, S. 70; zum chinesischen Zimmer vgl. S. 42 f. und die Inventare im Anhang.

7 Zit. nach: ebda. S. 71.

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