Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
57. Jahresband.1977
Seite: 270
(PDF, 70 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1977/0272
ein Ingenieur nach freiem Entwurf auf einer Ebene absteckt, für gewöhnlich
ganz unproportioniert; zwar findet man oft ihre Häuser — betrachtet man jedes
für sich — ebenso kunstvoll oder gar kunstvoller als in anderen Städten, —
wenn man jedoch sieht, wie sie nebeneinanderstehen, hier ein großes, dort ein
kleines, und wie sie die Straßen krumm und uneben machen, so muß man
sagen, daß sie eher der Zufall so verteilt hat und nicht die Absicht vernünftiger
Menschen." 5

Auch vom Rastatter Plan scheint hierin die Rede — aber nicht von ihm allein,
und damit erweist sich jene erwähnte Abhandlung über ihn nachträglich als
eine problematische. Denn sie versuchte (wie jede regionalhistorische es wohl
versuchen muß) im Besonderen das Allgemeine sichtbar zu machen, 6 und mußte
dabei notwendigerweise davon absehen, daß eben dieses Allgemeine noch
anderswo sich ausprägt. Das heißt also, daß eine Abhandlung über den Rastatter
Plan mehr, als geschehen, auf andere Pläne zu sprechen kommen müßte —
zunächst natürlich auf den Karlsruher als den nächsten und zugleich ähnlichsten
. Er ist schon öfter behandelt und auch (übrigens ganz in dem an Rastatt
aufgezeigten symbolischen Sinn) gedeutet worden;' diese spätere Gründung
des anderen markgräflichen Familienzweiges gleicht der früheren ja bis ins
Detail, ja bis in die Konstellation von Schloß, Stadtkirche und Rathaus (und die,
in Karlsruhe aber jetzt fast ganz verdorbene, Proportionierung der Wohnhäuser
) hinein. Gleiches gilt für die Konstellation von Schloß, Stadt und Park sowie
die unendliche Perspektive, in welchen Punkten die beiden genannten
Pläne dem von Schwetzingen und alle drei ihrem gemeinsamen Vorbild, dem
von Versailles, aufs überraschendste ähnlich sind.

Die Reihe wäre übers Badische hinaus fortzusetzen, aber zuvor noch zu ergänzen
durch einen Hinweis auf den zugleich gleich- und andersartigen Plan von
Mannheim; auch seine Besonderheit wird, wie das folgende Zitat zeigen mag,
durchsichtig auf die Allgemeinheit des mathematisch-geometrischen Zugs im
Barock. „Vor allem vor der Französischen Revolution (...) reüssierte die vorweggenommene
Anlage, das Schachbrett, der Ring, kurz eine förmliche Stadtmathematik
der Planung und Neugründung. So wild sich auch die Kartusche
am einzelnen Bauwerk bauschen mochte, so kühn selbst noch die Baugruppe
auf kurvenreichen Veduta orientiert war: wie der Grundriß der einzelnen Barockbauten
war auch ihre geplante Gruppen-Anlage streng symmetrisch. (...)
Die Schachbrettanlage einer barocken Neugründung wie Mannheim, von dem
Goethe, der sonstige Verächter des Barock, in .Hermann und Dorothea' sagen
konnte, daß es heiter und freundlich gebaut sei, steht zu dem organisch-exzessiven
Stil der Barock-Architektur in einem fast ungleichzeitigen, fast klassizistischen
Gegensatz. Es ist dieses die gleiche Spannung wie in den kultivierten

5 Rene Descartes, Discours de la Methode. Von der Methode des richtigen Vernunftgebrauchs und der
wissenschaftlichen Forschung. Übersetzt und hrsg. von Lüder Gäbe (= Philosophische Bibliothek 261).
Hamburg 1964, S. 19 ff.

6 Vgl. Johannes Werner, Baden, Böhmen und der Orient. Barocke Geographie im Schloß Favorite
(2. Abschn.; in diesem Band).

7 Vgl. A. E. Brinckmann, Die baugeschichtlichen Grundlagen des Karlsruher Stadtplans. In: Zeitschrift
für Bauwesen 10—12/1913, Sp. 603—622; A. Stürzenacker, Geschichtliche und kritische Betrachtungen
über Karlsruhe's Fächerplan. In: Deutsche Bauzeitung 14/1921, S. 73—76; Heinrich Berl, Der Grundriß
der Stadt Karlsruhe als Weltsystem. In: Die Pyramide 8/1931, S. 27—29; Gerhard Peters, Mannheim—
Rastatt—Karlsruhe. Blick auf drei Barockstädte. In: Die Pyramide 49/1931, S. 192—193; Franz
Schneider, Die Anfänge von Schloß und Stadt Karlsruhe. In: ZfdGO NF 46 (1933), S. 423—455;
Arthur Valdenaire, Theorien über die Karlsruher Stadtanlage. In: Die Pyramide 35/1933, S. 139—140
und 36/1933, S. 142—143. — Daß die radial angelegte Stadt auch militärisch besser zu beherrschen war,
nämlich durch in ihrer Mitte zu postierende Geschütze mit dergestalt freier Schußbahn, ist zumindest
ein interessanter Nebengedanke (vgl. Brinckmann, a.a.O. Sp. 610).

270


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1977/0272