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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
57. Jahresband.1977
Seite: 274
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1977/0276
Direktorium der unterelsässischen Ritterschaft dem Minderjährigen den erforderlichen
Ehekonsens verweigerte, fuhr dieser in einem Boot bei Kehl über
den Rhein, ritt nach Wittenweier und wurde dort in aller Eile und Heimlichkeit
am 31. 8.1765 getraut.

Was Friedrich aber erst jetzt erfuhr, war, daß Caroline ihn nur unter äußerstem
Zwang von Seiten ihres Vaters geheiratet hatte. Sie hatte sich dann bei
dem Gedanken getröstet, wenigstens die Frau eines reichen Mannes zu sein
und erfuhr nun, daß außer Schulden nur die unveräußerlichen Stammgüter
vorhanden waren. Auch stellte sich alsbald heraus, daß die beiden, abgesehen
von einer gemeinsamen Vorliebe für Schach und Billard, in nichts harmonierten
. Er liebte Musik über alles, die für sie nur ein lästiges Geräusch war. Sie
wollte ihre Ruhe, während er ein geselliger Mann war. Literatur interessierte
sie nicht, ebensowenig die Naturwissenschaften, die beide für ihn ein wesentlicher
Bestandteil seines Lebens waren. Selbst die beiden gemeinsame Freude
an der Philosophie blieb ihnen verwehrt, da er ein gläubiger Christ war,
während sie sich als Freigeist mit einem starken Hang zum Übersinnlichen
bezeichnete. Zwar stellten sich in den nächsten 24 Jahren 11 Kinder ein, aber
auch diese scheinen nur Anlaß zu noch mehr Streit gegeben zu haben.

Seine Studien konnte und wollte Friedrich jetzt nicht mehr abschließen. So
zog er nach Rust und versuchte sich in der praktischen Landwirtschaft. Da der
junge, unerfahrene Mann dabei aber vor allem auf unseriöse Projektemacher
hörte, wurden die kostspieligen Experimente bald abgebrochen, und er zog
wieder nach Straßburg. Hier arbeitete er am Polizeigericht und in der Schulkommission
, um sich jene Verwaltungspraxis anzueignen, die er später als
Grundherr benötigte. Immerhin hat er während seines Rüster Aufenthalts das
früher schwer gestörte Verhältnis zur dortigen Bevölkerung verbessern können.
Am 29. September 1770 war die feierliche Volljährigkeitserklärung in Rust.
Hierzu wurde die Böcklin'sche Militärmacht von 24 Mann mit einem Tambour,
einem Fähnrich und einem Hauptmann auf die doppelte Zahl verstärkt und
neu in den Wappenfarben Rot und Weiß eingekleidet. Die Musik dagegen trug
eine grüne Uniform und bestand aus je 2 Klarinetten- und Hornbläsern, einem
Fagottisten, zahlreichen Pauken und Trommeln sowie einem Schellenbaum.
Ein feierlicher Gottesdienst, eine Parade, Konzerte und ein Feuerwerk waren
die Höhepunkte der Festivitäten. Abends gab es Erlaubnis zu Tanz und anderer
„ehrbarer Ergötzlichkeit", wobei jeder Bürger ein Maß Wein erhielt.

Friedrich widmete sich in der nächsten Zeit mit vermehrtem Eifer der Verwaltung
seiner Güter. Er war ja nicht nur Grundbesitzer in seinen Dörfern, sondern
als Mitglied der Ortenauer wie der unterelsässischen Ritterschaft standen
ihm auch gewisse Hoheitsrechte zu. So ließ er nun eine Fülle von Verordnungen
und Bekanntmachungen ergehen, die er mit großer Sorgfalt selbst verfaßte
. Besonders die Verbesserung der Polizei lag ihm am Herzen, doch hat
er mit seinen Maßnahmen nicht immer das Wohlwollen der Nachbarn erregt.
Die markgräfliche Verwaltung beschwerte sich verschiedentlich, der Ortsherr
von Rust habe Landstreichern Bescheinigungen über ihre Wohnberechtigung
ausgestellt, die sie dann zu Diebstählen und Betrügereien in der Umgebung
ausgenützt hätten. Da die Familie auch die Blutgerichtsbarkeit besaß, wurde
ein Galgen errichtet und im Schloßhof ein kleines Gefängnis gebaut, das im
Gegensatz zum Galgen auch bisweilen benutzt wurde.

Die Geldsorgen waren indessen nicht geringer geworden. Zwar war es gelungen
, die Schulden des Vaters zu tilgen, dafür wuchsen die eigenen Verbindlichkeiten
immer schneller. Infolgedessen wurden Reisen zu verschiedenen Fürstenhöfen
der Umgebung unternommen, um nach geeigneten Stellungen Aus-

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