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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
57. Jahresband.1977
Seite: 280
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1977/0282
Führerpersönlichkeit, die Bauern und Genossenschaftler ihren Vorkämpfer,
die Liberalen einen redegewandten Wortführer. Die Besatzungszeit, während
der zahlreiche Gemeinden zum Brückenkopf Kehl gehörten und französischer
Verwaltung unterstanden, die Inflations- und Krisenjahre zwischen beiden
Weltkriegen, die viele Bauern verschulden und um ihre Existenz bangen ließ,
schufen gerade im grenznahen Hanauerland einen Nährboden für radikale
Strömungen in weiten Kreisen der Bevölkerung. Kein Wunder, daß Adolf Hitler
schon zu Zeiten der Weimarer Republik im Hanauerland Anhänger gewann.
Als er am 30. 1. 33 von Reichspräsident v. Hindenburg zum Reichskanzler berufen
wurde, schlugen auch im Amtsbezirk Kehl vielerorts die Wogen der
Begeisterung hoch. Der Wunsch nach dem „starken Mann, der endlich Ordnung
schafft" hatte sich erfüllt, die Landflucht und Verschuldung der meist
kleinbäuerlichen Betriebe fand ein Ende, die Arbeitslosenzahl nahm rapide ab.
Diese geschichtliche Tatsache darf heute nach 4 Jahrzehnten nicht verschwiegen
oder verfälscht werden.

Wer konnte damals ahnen, daß die Machthaber des Dritten Reiches schon in
wenigen Jahren nach einer kurzen Phase des Aufatmens der Grenzlandbevölkerung
durch den Bau des „Westwalls" längs des Rheinstroms, hier früher als
im Landesinnern, die Möglichkeit eines Krieges im Westen in greifbare Nähe
rücken würden? Das badische Hanauerland, vor allem Kehl und die rheinnahen
Dörfer wurden vom Kriegsgeschehen hart betroffen. Zweimalige Evakuierung
der Kinder, Mütter und Greise, Artilleriebeschuß, Tieffliegertätigkeit, Einquartierung
, Besetzung und andere Unbill galt es sechs Jahre und länger zu
ertragen. Die Odyssee der Kehler Bevölkerung dauerte bis 1953, also genau
14 Jahre. Es ist verständlich, daß nach dem 2. Weltkrieg bei den ersten Wahlen
zum südbadischen Landtag in Freiburg, zum Bundestag in Bonn, später zum
baden-württembergischen Landtag in Stuttgart, die von den Kriegsereignissen
besonders betroffenen Grenzgemeinden des Landkreises Kehl den demokratischen
Parteien der Mitte in anfänglich ziemlich gleichmäßiger Verteilung ihre
Stimme gaben, zu denen neben der CDU, SPD und FDP damals auch der BHE
(= Block der Heimatvertriebenen und Entrechteten) zählte.

Daß die Freie Demokratische Partei bis 1964 gerade im Hanauerland einen relativ
hohen Stimmenanteil erzielte, verdankt sie dem Schwiegersohn des
bereits erwähnten Nationalliberalen Friedrich Saenger, dem ebenfalls aus
Diersheim stammenden Georg König, dessen politische Aktivität jedoch keineswegs
von seinem Schwiegervater inspiriert wurde, sondern erst 1947 begann.

Georg König war Sohn eines Landwirts und Zigarrenmachers. Er wurde am
25. 8.1897 geboren. Beide Elternteile stammten aus Diersheim. Von seinen sechs
Geschwistern leben noch drei verwitwete Schwestern, der ältere Bruder starb
in den dreißiger Jahren an den Folgen einer Kriegsverwundung in Ägypten.
Georg König hätte zu gerne eine höhere Schule besucht. Der elterliche Betrieb
erforderte schon früh seine Mithilfe, und so mußte er auf die seiner Begabung
angemessene Ausbildung verzichten. Wenngleich er sich als Autodidakt in späteren
Jahren auf vielerlei Gebieten eine umfangreiche Spezialkenntnis aneignete
, litt er doch sein ganzes Leben lang unter den Folgen jenes Verzichts,
insbesondere was die Beherrschung der Fremdsprachen Englisch und Französisch
anbetraf. Seines frühverstorbenen Lehrers und Schulleiters Jenny, der
ihn mit zusätzlichem Lesestoff versorgte, gedachte er stets mit Verehrung und
Dankbarkeit, weil er ihn über die Vermittlung des Schulwissens hinaus auch
mit den Problemen des Lebens vertraut gemacht hatte.

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