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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
57. Jahresband.1977
Seite: 298
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liehen Ziele zu sprechen. Letztere Ansicht wird bis heute auch in der
Forschung vertreten.7

Begreift man jedoch die Jahre vom politischen Durchbruch der NSDAP
im Spätsommer 1930 bis zum Tag der Ernennung Hitlers als Reichskanzler
nicht als zwangsläufige Entwicklung, sondern als eine Inkubationszeit
, die auch Alternativen zu einer 12jährigen Diktatur mit den bekannten
Folgen enthielt, rücken Auftritte Hitlers erneut in das Zentrum einer
Überprüfung. Waren Hitler und die Führung seiner Partei wirklich in
der Lage, aus taktischen Gründen ihre Reden umzubauen und gleichzeitig
die Anhängerschaft zu vergrößern? War dem kritischen Zeitgenossen dieser
Jahre damit die Gelegenheit genommen, festzustellen, was nach einer
Machtübernahme der Nationalsozialisten eintreten würde?

Spätestens ab 1931 gab es einzelne Stimmen, die Hitlers Absichten durchschauten
und voraussahen, daß er keineswegs nur Deutschland, sondern
auch Europa und die ganze Welt ins Chaos stürzen würde, bekäme er
dazu eine Chance.8 Beißend in ihrer Ironie und scharfsinnig zugleich war
daher die Analyse des schon erwähnten Offenburger Beobachters, der die
äußeren Umstände von Hitlers Auftritt am 8. November 1930 mit einer
Wahlveranstaltung August Bebels vom 26. September 1897 am gleichen
Ort verglich. Auf die Schikanen der Behörden anspielend, die es dem
Vorsitzenden der SPD verwehrt hatten, in seinem Straßburger Wahlkreis
zu sprechen, erkannte Adolf Geck schon 1930: „Den Elsässern wurde die
Freude an ihrem damaligen ,dritten Reich' gründlich ausgetrieben. So
könnte es auch Altdeutschland gehen, wenn wir mussolinisch barbiert
werden. Heute ist in der Festhalle den Hitler-Gläubigen das Weintrinken
gewiß nicht verboten. Nach Goebbels Rezept wird vielleicht Rhizinusöl
verzapft ... Unsere Stadt ist berühmt geworden als Hort der Verteidigung
des demokratischen Volksstaates unter dem Reichsbanner schwarz-rot-
gold. Demokratisch ist heute die Arbeiterschaft gesinnt. Der Kleinbürger
ist in der wirtschaftlichen Krisis reaktionär. Das jetzige Theater der
Faschisten, zu welchem der ,Hecker der faschistischen Diktatur' als zugkräftigster
Gast aufgeboten ist, wird noch keine Hitlermehrheit auf unser
Rathaus bringen".9

Im Gegensatz zu Redakteur Geck vom „Alt Offeburger", dem es wie der
SPD vor 1933 schwerfiel, die Nationalsozialisten als politische Kraft überhaupt
ernstzunehmen, beschränkte sich das liberale „Offenburger Tage-

7 E. Jäckel in der Einteilung zu: T. Heuss: Hitlers Weg. Eine Schrift aus dem Jahre 1932. Tübingen
1968, S. XXXVI; H.-A. Jacobsen: Zur Programmatik und Struktur der nationalsozialistischen Außenpolitik
1919—1939. In: Aus Politik und Zeitgeschichte. Beilage zum „Parlament". B 50/67, S. 6 f.

8 G. Schultze-Pfaelzer: Anti-Hitler. Eine unabhängige Zeitbetrachtung. Berlin 1931, S. 17, 28; H. Klotz:
Die Außenpolitik der Nationalsozialisten. Berlin 1931, S. 3, 19, 32.

9 D'r alt Offeburger, Nr. 1633 vom 8. 11. 30.

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