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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
58. Jahresband: Die Klöster der Ortenau.1978
Seite: 378
(PDF, 129 MB)
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zur Prüfung vorzulegen105. Diese Forderungen lehnte das Kapitel
entschieden ab, da sie gegen die Privilegien des Prämonstratenserordens
allgemein, insbesondere aber die Allerheiligens seien106. Darauf verweigerte
der Bischof die Ausstellung der Konfirmationsurkunde und die
Erteilung der Abtsweihe. Um die Chorherren gefügig zu machen, ordnete
der Generalvikar von Straßburg eine Anzahl schon vorgeplanter
Maßnahmen an: der vom Kloster auf die Pfarrei Nußbach präsentierte
Pater wurde nicht investiert. Keiner der Kanoniker, sowohl die im
Kloster wie auch die in den Pfarreien, durfte mehr Beicht hören. Den
Pfarrern des Klosters wurde die Seelsorge in ihren Pfarreien entzogen
und an ihre Stelle Kapuziner aus den Klöstern der Ortenau gesetzt. Das
Stift wurde angewiesen, ihnen 200 fl jährlich für den Lebensunterhalt zu
zahlen107. Damit war Allerheiligen in seiner Ehre zu tiefst verletzt und in
seiner pastoralen Tätigkeit entscheidend gehindert, denn 10000 kamen
jährlich, um in der Klosterkirche zu beichten, und nun durfte niemand
mehr absolviert werden. Abt Pulser nahm den Kampf auf. In einer
umfangreichen Korrespondenz wandte er sich an den Generalvikar der
schwäbischen Zirkarie, der ihm eine gute Stütze war, an den Abt von
Premontre, dem die letzte Entscheidung in Ordensangelegenheiten
zustand, sogar an Maria Theresia, und als alle Bemühungen, die
Beschlüsse zurückzunehmen, vergeblich waren, an Papst Benedikt
XIV.108 in Rom. Jetzt lenkte der Kardinal ein. Durch Vermittlung des
Abtes von Premontre kam ein Vertrag zustande, der 1757 in Zabern
unterzeichnet wurde109. In ihm anerkennt Allerheiligen den Bischof von
Straßburg als „dominus territorialis" und gesteht ihm die hohe
Gerichtsbarkeit über das Kloster zu. Das Kapitel verpflichtet sich, den
Tod des Abtes und den Tag der Abtswahl mitzuteilen, aber mehr nicht.
Dieser Lösung stimmte auch der Konvent zu110. Damit war der Streit
beendet. Kurz danach erhielt Karl Pulser die Abtsweihe durch den Abt
von Gengenbach unter der Assistenz von 2 weiteren Benediktineräbten.
Auch die übrigen Maßnahmen wurden nacheinander zurückgenommen.

Hatte dieser Streit seine Wurzel im absolutistischen Denken des
Kardinals, so entstand der von 1772-1773 im Zusammenhang mit der
geistigen Bewegung der Aufklärung.

Der Kardinal, der am Hof in Versailles sich sehr für die Belange der
Elsäßer einsetzte und sich verantwortungsbewußt der Kirchenzucht in
seinem Bistum annahm, kannte auch die Gedanken der Aufklärung und
ihren unbedingten Glauben an die Vernunft. Angeregt durch das Beispiel

105 Ebd. (Schreiben an den Abt v. Prem. v. 8. 10. oj.)

106 Ebd. (Schreiben an den Generalvikar von Str. v. 22. 10. 1756).

107 Ebd. (Schreiben des Generalvikars v. Str. v. 8. U. 1756).

108 Ebd. (Konzept ohne Datum).

109 GLA 34 5/10 (Vertrag v. 22. 6. 1757).

110 Ebd. (Urk. v. 12. 7. 1757).

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