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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
61. Jahresband.1981
Seite: 251
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denn über ein Zehntel der Landwirte hatten einen Jahresverdienst unter 500
RM, während in den folgenden Jahren diese Einkommensklasse durchschnittlich
nur mit 3% vertreten war.32 Es gilt jedoch nicht zu vergessen, daß Ding-
lingen bereits zu den Dörfern mit starker Industriearbeiterschaft zählte und
nur ein Zehntel der Erwerbstätigen noch hauptberuflich in der Landwirtschaft
tätig war.33 Die Auswirkungen einer Agrarkrise, wie sie hier im Ansatz sich zu
zeigen schien, konnten daher wie in der vorhergehenden Krise nur indirekt
sein.

Die Industrie im Lahrer Raum und damit auch in Dinglingen war seit Beginn
des Jahrhunderts in eine Phase konjunkturellen Abschwunges geraten34, aus
der sie sich erst im Spätjahr 1902 wieder befreien konnte35. Besonders schlecht
sah es dabei im Bereich der auch in Dinglingen ansässigen Zigarrenfabrikation
aus. Im gesamten Handelskammerbezirk gingen die Beschäftigtenzahlen um
durchschnittlich 10% zurück, und es kam vereinzelt zur Aufgabe ländlicher
Filialbetriebe36.

Die Dinglinger Krise muß auch hier eingebettet in die badische Wirtschaftskrise
und die Wirtschaftskrise des Lahrer Raumes gesehen werden. Beispielhaft
läßt sich dies ablesen an der Zahl der Konkurse. Während die Konkurse auf
den gesamtbadischen Raum bezogen bereits 1901 einen Höhepunkt erreichten
, trat der Kulminationspunkt im Lahrer Raum zeitverschoben um ein Jahr
zu Tage. Gegenüber 1900 stieg die Zahl der angemeldeten Konkurse um die
Hälfte. Speziell für Dinglingen zeigte sich die Verlangsamung industrieller
Aktivitäten auch in anderen Bereichen. Die Einnahmen aus Gütertaxen im Eisenbahnverkehr
fielen von 1902 auf 1903 um 8,2%, und auch der Personenverkehr
erlitt Einbußen. Parallel dazu sanken auf dem postalischen Sektor
Paketversand- und Annahme, Briefwechsel und Telegrammverkehr. Im postalischen
Geldverkehr verschoben sich die Akzente: die Auszahlungen überstiegen
die Einzahlungen.37 Dies alles deutet in Dinglingen auf einen Rückgang
wirtschaftlicher Aktivität und konjunkturellen Einbruch. Und noch ein Faktum
könnte Zeichen der herrschenden Krise sein: wie in den vorhergegangenen
wirtschaftlichen Notzeiten stiegen die Auswanderungszahlen in Baden und
Dinglingen gleichzeitig. Von den 1903 aus Baden auswandernden 923 Personen
stammten 3 aus Dinglingen.

Die Erhöhung der Unterstütztenzahl beruht demnach erneut auf dem Zusammenwirken
verschiedener Faktoren. Die fortgesetzt mittelmäßige landwirtschaftliche
Situation mit Tendenz zu Verschlechterung beeinträchtigt die
Kaufkraft der ländlichen Bevölkerung. Dies wiederum den Konsum der aus

32 StA Lahr, Bestand Dinglingen. Steuerkataster

33 1903 zählte Dinglingen 43 % Arbeiter

34 Wehrle, a. a. O. S. 61

35 Handelskammerbericht 1902, S. 20

36 ebd. S. 10

37 Handelskammerberichte 1900—1903, Statistik

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