Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 519,m
Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
62. Jahresband.1982
Seite: 186
(PDF, 76 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Regionalia

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1982/0188
(„Polenaufträge")16. Ein Großteil der Produktion ging indessen in den Export
, so daß die Firma zumindest zur Zeit des auf die Ausfuhr setzenden Wirtschaftsministers
Hjalmar Schacht (bis 1937) relativ unbehelligt blieb.

Dennoch verschlossen die Inhaber vor der schrittweisen Verdrängung der Juden
aus dem Wirtschaftsleben nicht die Augen. Die persönlich haftenden Gesellschafter
, Regierungsbaumeister Ludwig Netter und Rechtsanwalt Dr. Julius
Seligsohn-Netter, begradigten die unübersichtlichen Beteiligungen der Firmengruppe
und lösten Versorgungs- und Pensionsansprüche ab, um einen
eventuellen Verkauf zu erleichtern. Seit dem Vierjahresplan von 1936, der laut
einem Zusatz von Adolf Hitler Deutschland wirtschaftlich kriegsbereit machen
sollte, und unter dem Interimswirtschaftsminister Hermann Göring, der
Schacht abgelöst hatte, wurde die „Arisierung" jüdischer Firmen forciert, indem
kleine Betriebe unter deutscher Leitung zusammgefaßt oder ganz stillgelegt
und größere Objekte von deutschen Konzernen übernommen wurden17.
Im Sommer 1937 knüpften die Inhaber in aller Stille Kontakte zum Generaldirektor
der Mannesmann-Röhrenwerke, Wilhelm Zangen. Am 26. Januar 1938
war der Übernahmevertrag unterschriftsreif, der den Verkauf der Wolf Netter
& Jacobi-Werke KG.a.A. und der Offenen Handelsgesellschaften in Berlin
und Frankfurt einschließlich Aufkauf der Kommanditaktien, Übernahme der
Stillhalteschulden und anderer Verbindlichkeiten für 10,3 Mio. RM und die
Umwandlung des Unternehmens in die „Mannesmann-Stahlblechbau AG"
vorsah. Über ausländische Tochtergesellschaften von Mannesmann sollten zudem
einmalig 38 000 Pfund Sterling an die ehemaligen Gesellschafter gezahlt
werden, und es wurde vereinbart, Ludwig Netter und Julius Seligsohn-Netter
gegen ein monatliches Entgelt von 1 000 Pfund für zwei Jahre in Großbritannien
zu beschäftigen. Diese Konstruktion war notwendig, um die Genehmigung
des Oberfinanzpräsidenten von Berlin und der Reichsstelle für Devisenbewirtschaftung
zum Verkauf zu erhalten. Die Genehmigung traf am 27. Februar
ein mit der Auflage, eine „ersatzlose Abgabe" von 1,5 Mio. RM an die
staatliche Golddiskontbank zu leisten, so daß die Umwandlung der Netter &
Jacobi-Werke zum 28. Februar vollzogen wurde. Die außerordentliche
Hauptversammlung der Kommanditaktionäre vom 29. März stimmte den geschlossenen
Vereinbarungen zu.

Damit gelang Mannesmann nicht nur ein großer Schritt in die Weiterverarbeitung
, sondern die Firma erwarb auch die angesichts der Rohstoffknappheit
und -bewirtschaftung so wichtigen Quoten der Netter & Jacobi-Werke und anderer
jüdischer Betriebe, deren Inhaber z. T. nach Vermittlung von Netter und

16 Deutschland-Berichte der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (Sopade), 1 (1934), S. 336. K. Pritzko-
Ieit, ebda.

17 G. Keiser, Der jüngste Konzentrationsprozeß. In: Die Wirtschaftskurve. Hrsg. unter Mitwirkung der Frankfurter
Zeitung. II (1939). S. 136-156. — Grundlegend: H. Genschel, Die Verdrängung der Juden aus der
Wirtschaft im Dritten Reich. Göttingen 1966. U. D. Adam, Judenpolitik im Dritten Reich. Düsseldorf 1972.
S. 172.

186


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1982/0188