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Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden
62. Jahresband.1982
Seite: 249
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auf der Überlinger Höhe. „Zu den Narren, die aus dieser Kriegserklärung eine
paradiesische Neugeburt Deutschlands erwarteten, gehörte der Blättleschrei-
ber nicht", erinnerte er sich zehn Jahre später am gleichen Ort, wo der leidenschaftliche
Pazifist seinen Lesern einhämmerte: ,,,Nie wieder Krieg!' sei die
Parole der sittlich Denkenden, der Menschheitsfreunde, aller Nationen, die
sich zusammenfinden müssen zu einer Kampffront, die für den Völkerfrieden
sich im Treuschwur eint". Obwohl man bei einer Besprechung im preußischen
Kriegsministerium am 24. Juli zu dem Ergebnis gekommen war, daß Verhaftungen
nicht vonnöten seien, berichtete Geck am 16. 6. 1928 im „Alten", daß
beim Aufenthalt in Radolfzell die Polizei feststellte, ob ein dem Überlinger
Zug entstiegener Reisender der Sozialdemokrat sei, „dessen Namen zuoberst
auf der badischen Liste politischer Proskribierter steht, die beim Ausbruch eines
Völkermords in Schutzhaft — nicht gegen die Franzosen — zu nehmen
sind".

August Bebel, die einstige Autorität der Sozialdemokratie, war vor Jahresfrist
verstorben, aber er hatte sich auf dem Parteitag von 1904 in Bremen anläßlich
einer Debatte über die Haltung der Reichstagsfraktion bezüglich der Herero-
Kredite eigentlich klar zur Frage der Kriegskreditbewilligung geäußert. Da
sich seinerzeit die Fraktion über die Ursachen des Herero-Aufstandes in
Südwest-Afrika nicht im klaren war, enthielt sie sich bei der ersten Beratung
der Stimme. Nachdem ihr aber Material vorlag, wonach der Aufstand auf die
deutsche Kolonialpolitik zurückzuführen war, lehnte sie bei der dritten Lesung
die Kredite ab. Bebel wiederholte seine Erklärung von 1880, wonach die
Sozialdemokraten im Falle eines Angriffskrieges unter keinen Umständen dulden
würden, daß deutsches Land verloren ginge, lehnte aber eine Kriegskreditbewilligung
bei deutschem Verschulden ab: „Hätten wir 1870 die Überzeugung
gehabt, die sich ja nachher bewahrheitet hat, daß Bismarck durch eine
raffiniert geschickte Politik die Karten so gemischt hatte, daß Napoleon gezwungen
war, den Krieg zu erklären in dem Moment, den Bismarck wollte,
dann hätten wir uns damals nicht der Abstimmung enthalten, sondern gegen
die Kredite gestimmt."89 Die Delegierten könnten sich darauf verlassen, daß
die Fraktion am allerwenigsten bei wichtigen Fragen so Holterdiepolter-
Beschlüsse fasse, sondern sich stets eingehend berate.

In der Fraktionssitzung vom 3. August stimmten 78 für und 14 gegen die Kreditbewilligung
. Aufgrund des Fraktionszwanges gab die Fraktion in der
Reichstagssitzung vom 4. August einstimmig ihre Zustimmung; lediglich der
mit Adolf Geck befreundete Fritz Kunert und sein Kollege Josef Simon hatten
sich während der Abstimmung aus dem Plenarsaal entfernt.90

Der nationalliberale Reichstagsabgeordnete Prof. v. Schulze-Gaevernitz
schrieb seinem Freund Frank sogar eine entscheidende Rolle bei der Abstimmung
zu: „Frank war es, dem das einstimmige Votum der sozialdemokratischen
Partei und damit des Reichstages in der unvergeßlichen Sitzung vom 4.
August d. J. über Krieg und Kriegsgesetzgebung zu verdanken ist. Er hat am 3.

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