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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1983/0119
den Bericht, daß hier der Ort für ein Spital unmöglich seyn könne. Dieses Werk blieb daher zum
großen Glücke des hiesigen Ortes unterwegen.

In eben diesem Monate kam vom Obergeneral der Franzosen, Moreau38, eine Requisizion an hiesiges
Kloster, aus seinen Waldungen 1000 Eichen, 1000 Buchen und 4000 Tannen zu liefern. Eichen
fanden die Abgeordneten keine; das übrige Holz aber mußte geliefert werden. Sie setzten hieher
einen Korporal auf Kosten der armen Gemeinde, der die Oberaufsicht über dieses Holz haben
mußte. Am 6ten Herbstmonate kamen 24 Baurenkerl aus dem Elsaß mit Äxten, welche dieses
Holz fällen mußten und welche die Einwohner von hier auch ernähren mußten. Diese Kerl schafften
in den Waldungen an Sonn- und Festtägen wie an den Werktagen und halfen treulich die hiesigen
Leuthe noch mehr aussaugen. Von den großen Tannen mußte das Kloster bei 600 große, dicke
Flöcklinge auf seiner Sege auch noch für die Franzosen segen lassen. Zu Vermehrung des Unglücks
der hiesigen Einwohner kamen am lten Herbstmonate drey französische Offiziere mit 105
Mann vom Depont hieher, quartierten sich hier und in Münchweyhr ein. Die Offiziere hatte das
Kloster zu bewirthen, die gemeinen Soldaten aber die hiesigen und die Münchweyhrer. Sie blieben
hier bis am 1 lten Christmonat. Das einzige Glück war, daß der Kommandant ein rechtschaffener,
menschenfreundlicher Mann war, der gute Manneszucht hielt.

Am 14ten Christmonat kamen wieder zween französische Offiziere von Ettenheim, von dem dasi-
gen Kommandanten geschickt, welche 30 Louis d'or für Kleidungsstücke für dessen Soldaten forderten
, und droheten, im Falle der Weigerung werde er mehrere Soldaten mit vielen Pferden in
das Kloster einlegen. Man handelte mit ihnen und mußte ihnen 20 Louis d'or geben.

Im Jahre 1801 in dem Hornung wurde zu Luneville in Lotharingen der Frieden zwischen dem
Kayser und den Franzosen geschlossen und unterzeichnet und dem hiesigen und so vielen hundert
andern Klöstern und Stiftern im deutschen Reiche durch die Anerkennung der Säkularisazion der
geistlichen Güter zur Schadloshaltung weltlicher Fürsten der Garaus gemacht.

Am 16ten Märze kam ein französischer Generalstab, aus 21 Persohnen bestehend, samt 20 Soldaten
, welche die Wache halten mußten, hier an. Das Übel, was diese dem Kloster sowohl als den
hiesigen Einwohnern verursachten, übertraf alles, was man vorhin ausgestanden hat. Das Kloster
mußte die, welche zum Stabe gehöreten, ernähren, die hiesigen Einwohner aber die Soldaten.

Täglich mußten im Kloster dreymalen drey Tafeln niedlich und kostbar aufgedischet werden: die
erste für die Offiziere und ihren Anführer Roberjaut39, einen unmenschlichen, ganz gefühllosen
Menschen, die zwote für acht Schreiber, die dritte für die Bedienten und Stallknechte. Auch die
armen Leuthe hier mußten den 20 Soldaten alle Tage dreymalen, und das auch niedlich, zu essen
geben und weißes Brod dazu reichen. Das war aber nicht genug: sie luden immer Gäste ein, welche
die Unterthanen hin und her führen mußten. Alle Ordonanzen, die häufig ankamen, andere, die
nach Belieben hieher sich begaben, auch Offiziere mit Weib und Kindern, fraßen, sauften und
schlemmeten, so lange es ihnen beliebte, in den Wirthshäusern auf Kosten der armen Gemeinde,
deren Schulden am Ende auf 6000 Gulden sich beliefen. Diese schreckliche Plage dauerte bis am
löten April, da diese fürchterlichen Gäste abzuziehen anfingen und am 18ten alle hiesiges Kloster
und Ort verließen.

Von der Zeit dieser französischen Einquartierungen an kann man den Anfang der Kaltsinnigkeit
in der Religion, der Verwilderung der Sitten, der Verachtung der Geistlichkeit, der Geringschätzung
des Gottesdienstes und der heil. Sakramente, der Unempfindlichkeit gegen alle gute Ermah-

38 Jean Victor Moreau, * 1761, einer der bedeutendsten Feldherren der Republik, von Napoleon verbannt, gefallen
1813 bei Dresden auf russischer Seite.

39 Über diesen war nichts in Erfahrung zu bringen. Auch G. Six, Dictionnaire Biographique des Generaux &
Amiraux Francais de la Revolution et de l'Empire (1792—1814), 2 Bde., Paris 1934, nennt ihn nicht. Möglicherweise
handelte es sich um einen unbedeutenden Unterführer oder Stöber erinnerte sich des Namens
nicht genau.

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