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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1983/0139
wenn der berichtende Amtmann die Ursache im Mangel eines Geistlichen am
Ort und darausfolgender vernachlässigter Verbreitung moralischer Grundsätze
, in den zerstreut liegenden Wohnungen und Zusammenkünften auf den
Höfen sowie dem Schnapstrinken sucht".

Nach einem kurzfristigen Geburtenhoch gingen etwa seit der Jahrhundertwende
die Geburtenziffern ständig zurück. Allerdings blieb auch der Rückgang
schwächer als im Landesdurchschnitt, obgleich aus den Amtsbezirken viele
junge Menschen abwanderten. Daß die Geburtenzahlen erneut über dem Landeswert
lagen, hängt wohl mit der geringen Industrialisierung und mit der geschlossen
katholischen Konfessionszugehörigkeit zusammen. Schubnell12
weist aufgrund seines statistischen Materials zumindest eindeutig den größeren
Kinderreichtum des katholischen Bevölkerungsteils nach und zwar sowohl
der katholischen bäuerlichen gegenüber der protestantischen bäuerlichen als
auch der katholischen Arbeiter- gegenüber der protestantischen Arbeiterbevölkerung
, wenn auch bei den Katholiken die Geburtenzahlen in dem von ihm
untersuchten Zeitraum zurückgegangen sind.

Die Sterbeziffern bewegten sich bis in die siebziger Jahre ungefähr zwischen
22 und 33 Gestorbenen im Jahr auf tausend Einwohner. Der Krieg von 1870/71
brachte eine deutliche Erhöhung der Sterbeziffern, allerdings nicht durch unmittelbare
Kriegsverluste, sondern infolge der aus dem Kriegsgebiet eingeschleppten
Blatternepidemie, die allein im Amtsbezirk Bühl 1871 bei etwa 600
Erkrankungen 209 Todesopfer gefordert hat13. Danach verminderten sich die
Sterbeziffern wieder für längere Zeit, wenn sie auch in beiden Amtsbezirken
höher als im Landesdurchschnitt und im Amtsbezirk Bühl wiederum höher als
im Amtsbezirk Achern lagen. Wesentlichen Anteil an der Senkung der Sterbeziffern
allgemein hatte der Rückgang der Säuglingssterblichkeit14. In den sechziger
Jahren starb in Baden jedes dritte bis vierte lebendgeborene Kind im ersten
Lebensjahr, in den siebziger Jahren noch jedes vierte bis fünfte. In den
Jahren vor dem Ersten Weltkrieg war die Säuglingssterblichkeit von diesen 20
bis 30% der Lebendgeborenen auf 10 bis 15% abgesunken. Soweit Zahlen veröffentlicht
sind (ab 1876), lag die Säuglingssterblichkeit in den Amtsbezirken
Achern und Bühl allerdings immer unter dem Landesdurchschnitt. Für die höheren
Sterbeziffern muß also eine andere Ursache verantwortlich sein. Sie
liegt sicher unter anderem in der durch die Abwanderung ungünstig beeinflußten
Altersstruktur.

Einschneidender als die Veränderung der Geburten- und Sterbeziffern war für
die Bevölkerungsbewegung auch im 19. Jahrhundert die räumliche Mobilität,
die in beiden Amtsbezirken fast ausschließlich eine Abwanderung war. Aus-
und Abwandung mußte das Regulativ einer Bevölkerung bleiben, in der dem
andauernd hohen natürlichen Zuwachs nicht eine ebenso wachsende Wirtschaftsgrundlage
zur Verfügung stand, so lange also die Landwirtschaft einzige
oder vorherrschende Erwerbsquelle war. Nur durch den „regelmäßigen Ab-

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