Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1983/0197
Der Januar 1933 in Haslach

Die letzten Wochen im Januar 1933, bevor Adolf Hitler Reichskanzler wurde,
waren fast für alle Haslacher harte Tage. Das Wetter im Kinzigtal war kalt
und feucht.39 Für die 655 Arbeitslosen in Haslach müssen die kahlen Äste der
Bäume und der gefrorene Boden der Felder geradezu ein Symbol ihrer Lage
gewesen sein: eingefroren im Sumpf eines end- und sinnlosen Nichtstuns.
Hunderte waren schon zwei und mehr Jahre ohne Arbeit.
Um die große Not der „ausgesteuerten" Arbeitslosen und sonstigen Bedürftigen
zu lindern, beschloß der Haslacher Gemeinderat40 auf Drängen der Arbeitslosenkommission41
, zwei Waggons Kartoffeln zu bestellen und sie zum
Selbstkostenpreis von 2 Mark pro Zentner abzugeben. Eine Winterhilfe an die
notleidende Bevölkerung, so hieß es im Gemeinderatsprotokoll, könne jedoch
zur Zeit nicht gewährt werden.42 Angesichts dieser trostlosen Lage kam selbst
bei Haslachs Narren keine richtige Fasnachtsstimmung auf. So gab man den
Plan auf, den Maskenball am „Schmutzigen Donnerstag" als spanisches
Volksfest zu feiern — „in Anbetracht der Zeitverhältnisse", wie es in einer
Lokalzeitung hieß.43

Während die Haslacher NSDAP-Ortsgruppe sich am 14. Januar zu einer verspäteten
Weihnachtsfeier im „Bayrischen Hof" traf und sich an dem NS-
Propagandastück „Aus Trümmern aufwärts" erbaute44, ahnten die Haslacher
Kommunisten das kommende Unheil und riefen nach dem großen Wahlsieg
der Nationalsozialisten bei den Landtagswahlen im kleinsten Ländchen
des Reiches, Lippe-Detmold, am 15. Januar45 zu einer Protestdemonstration
am 18. Januar auf.46 Von der Eisenbahnstraße bewegte sich ein Zug von etwa
hundert Personen, an der Spitze rote Fahnen, durch die Straßen der Innenstadt
zum Marktplatz, wo 300—400 Menschen versammelt waren. Vom Trog
des Marktbrunnens, des sog. „Rohrbrunnens", herab sprachen die Kommunisten
Philipp Kropp und Willi Harter. Während Kropp vor der aufziehenden
nationalsozialistischen Gefahr warnte, geißelte Harter den damals in Haslach
gerade eingeführten „Freiwilligen Arbeitsdienst" als „Zwangsarbeit" und
Vorstufe eines neu erwachenden Militarismus.47

39 AK v. 27. 1. 1933.

40 Ratsprotokoll v. 15. 1. 1933, St AH.

41 Schreiben der Arbeitslosenkommission an den Gemeinderat v. 13. 1. 1933. Verwaltungssachen XX/65,
StAH.

42 Ratsprotokoll v. 18. 1. 1933, StAH.

43 AK v. 4. 2. 1933.

44 AK v. 18. 1. 1933.

45 Vgl. die anschauliche Schilderung der Lippschen Wahlen bei Bernt Engelmann, Im Gleichschritt marsch!
Wie wir die Nazizeit erlebten 1933—1939. Köln 1982, S. 29ff.

46 AK v. 19. 1. 1933.

47 Seit dem 15. 11. 1932 gab es in Haslach ein Lager des „Freiwilligen Arbeitsdienstes", das auf Drängen der
Rechtsparteien im Sommer 1932 überall im Reich eingeführt worden war. 14 junge Männer hatten damals in
Haslach den Arbeitsdienst aufgenommen. Sie waren mit Wegverbesserungen im Bächlewald und Galgenbühl
beschäftigt. Neben der Arbeit spielten Turnunterricht und militärisches Exerzieren eine wichtige Rolle.
Vgl. KN v. 18. 11. 1932. Scharfe Kritik am Arbeitsdienst übte das KP-Organ „Haslachs roter Scheinwerfer
", Nr. 19, Dezember 1932: Der Drill sei die Hauptsache, die Arbeit Nebensache.

195


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1983/0197