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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1983/0198
Und dann verbreitete sich an jenem denkwürdigen Montag, dem 30. Januar
1933, mittags über den Rundfunk in Haslach die Nachricht, daß Adolf Hitler
zum Reichskanzler ernannt worden war. Diese von Haslachs Nazis so lange
herbeigesehnte Kunde traf diese jedoch unvorbereitet. Sie waren nicht einmal
in der Lage, wie etwa ihre Parteigenossen im nahen Wolfach oder Gutach48,
einen abendlichen Siegesmarsch zu organisieren. Stattdessen trafen sich die
Haslacher Nazis im „Bayrischen Hof", um die von ihnen herbeigewünschte
„Machtergreifung" gebührend zu feiern.49

Ganz anders reagierte ein großer Teil der Haslacher Arbeiter und Arbeitslosen
. Sie waren nicht gewillt, die neue Hitler-Regierung so ohne weiteres hinzunehmen
. Am Abend des 30. Januar formierte sich deshalb ein Protestmarsch
der Haslacher Sozialdemokraten und Kommunisten unter Führung der Arbeitslosenkommission
. In Haslach schien an diesem entscheidenden Abend
die „Volksfront" Wirklichkeit zu werden. Selbst Mitglieder des katholischen
Gesellenvereins schlössen sich dem Demonstrationszug an, der über hundert
Arbeiter umfaßte.50 An der Spitze des Zuges marschierte der Kommunist
Matthias Fix, der eine rote Fahne trug. Der Zug führte wieder von der Eisenbahnstraße
durch die Straßen der Innenstadt. Auf dem Haslacher Marktplatz
hatten sich erneut Hunderte von Bürgern versammelt. Der Vorsitzende der
Haslacher SPD, Friedrich Reppner, hielt, auf dem Trog des „Rohrbrunnens"
stehend, eine flammende Rede gegen Hitler und den Nationalsozialismus.51

Einige Demonstranten drangen in den „Bayrischen Hof" ein, wo die Nationalsozialisten
ihren Sieg feierten. Eine Schlägerei zwischen Kommunisten und
Nationalsozialisten brach aus.52 Der diensthabende Gendarmerieoberwachtmeister
Wilhelm Pfisterer wagte es nicht, in die handgreiflichen Auseinandersetzungen
einzugreifen. Er ging nur in die benachbarte Bäckerei Zimmermann
und fragte von dort aus im „Bayrischen Hof" telefonisch an, weshalb in der
Gastwirtschaft ein solcher Lärm herrsche.53 In der Zwischenzeit hatte der Wirt
des „Bayrischen Hofes" den Gemeindepolizisten Reinhard Löffler alarmiert.
Dieser konnte die Schlägerei einigermaßen schlichten und die feindlichen Lager
bewegen, das Lokal zu verlassen.54 Die Nationalsozialisten, unter ihnen
zahlreiche SA- und SS-Männer, wollten in ihrem Siegestaumel jedoch nicht
nach Hause gehen, sondern beschlossen, in ihrem „Vereinslokal", im Gasthaus
„Engler-Baier", weiterzufeiern. Einige KPD-Mitglieder waren ihnen

48 „Der Kinzigtäler" v. 31. 1. 1933; AK v. 2. J. 1933.

49 Interviews Schille, Harter, Löffler.

50 Interviews Schille, Harter.

51 Interviews Harter, Willmann.

52 Interview Schille.

53 Wilhelm Pfisterer wurde deshalb vom NS-Organ „Der Führer" v. 3. 2. 1933 scharf angegriffen. Hier wurden
die Auseinandersetzungen im „Bayrischen Hof" in polemischer Weise geschildert, der Demonstrationszug
der Arbeiter wurde jedoch nicht erwähnt. Beide Haslacher Lokalzeitungen schwiegen bezeichnenderweise
über die Vorgänge vom 30. 1. 1933 in Haslach.

54 Interview Löffler.

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