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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1983/0225
platz vor dem Rathaus sprachen Bürgermeister Selz zur Bevölkerung über die
Bedeutung des Wahlsieges der „nationalen Front" sowie Pfarrer Baumann
über „die durch Blut und Opfer erkämpfte nationale Revolution". Überall
flatterten Hakenkreuzfahnen und die alte Reichsfahne schwarz-weiß-rot. Das
Deutschlandlied und das Horst-Wessel-Lied erklangen.212

Es fiel jedoch auf, daß sich die städtischen und staatlichen Beamten kaum an
dem Fackelzug und der anschließenden Feier beteiligt hatten. Drohend hieß es
deshalb in einem von der NS-Ortsgruppe verfaßten Bericht im „Anzeiger vom
Kinzigtal": „Keiner der Herren Beamten sah sich veranlaßt, offiziell an der
Feier teilzunehmen. Wenn die Herren etwa glauben sollen, daß sie es nicht nötig
haben, so müßten wir uns veranlaßt sehen, sie eines Besseren zu belehren.
In einem nationalen Staat kann und wird es nur nationale Beamte geben; und
wenn die Herren Beamten sich direkt oder indirekt weigern, sich zum Nationalsozialismus
auch öffentlich zu bekennen, so haben sie das Recht verwirkt,
Beamte zu sein."213 Diese unmißverständliche Drohung zeigte Wirkung; denn
bei allen weiteren Aufmärschen und Feiern marschierten die Haslacher Beamten
brav an vorderster Front mit, was die lokale NS-Presse beifällig zur Kenntnis
nahm.214 Offensichtlich hatte auch das am 7. April erlassene NS-Beamten-
gesetz, wonach alle politisch unliebsamen Beamten entlassen werden konnten,
seine Wirkung auf die Staatsdiener gehabt.215

Der „Tag von Potsdam", die Eröffnung des Reichstages in der Potsdamer
Garnisonskirche, am 21. März war wieder Anlaß zu einer großen „nationalen
Kundgebung". „Seit den Oktobertagen des Jahres 1913, der Feier der hundertjährigen
Erinnerung an die Völkerschlacht bei Leipzig, hat Haslach eine
derartige Kundgebung nicht mehr erlebt!", schrieb selbst das Zentrumsblatt
„Kinzigtäler Nachrichten".216 Ein langer Fackelzug bewegte sich durch Haslach
. Stadtmusik, Feuerwehr, SA, SS, die übrigen NS-Organisationen, alle
Vereine, die städtischen und staatlichen Beamten, der katholische Gesellenverein
„Kolping", sämtliche Geistliche, die nationalsozialistischen Jugendorganisationen
, die Schuljugend und die Lehrerschaft bildeten einen Zug von
mehreren hundert Personen. Nach Bürgermeister Selz sprachen auf dem
Marktplatz sowohl der evangelische Pfarrer Baumann als auch der katholische
Kaplan Schlegel Lobeshymnen „auf die Aufbauarbeit des Dritten Reiches
"217.

Groß wurde von den Haslacher Nazis der 44. Geburtstag Hitlers am 20. April
aufgezogen. Die Festrede Pfarrer Baumanns in der überfüllten Stadthalle sei

212 KN v. 15. 3. 1933; AK v. 18. 3. 1933.

213 AK v. 18. 3. 1933.

214 AK v. 2. 5. 1933.

215 Über dieses ,.Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" vgl. Bracher/Sauer/Schulz, a.a.O.,
S. 172f.

216 KN v. 22. 3. 1933.

217 Ebenda sowie AK v. 23. 3. 1933; Interview Borho.

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