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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1983/0226
„ein rednerisches Meisterstück", so die NS-Presse, gewesen.218 Baumann bezeichnete
Hitler als „den neuen Messias", den „Retter des deutschen
Volkes", das ihm jetzt ein „Hosianna" entgegenrufe.219 Ein paar Tage später
bei der groß angelegten Feier zum 1. Mai war Haslach erneut in ein Meer von
Hakenkreuzfahnen und schwarz-weiß-roten Fahnen getaucht. Wieder fand
ein großer Aufmarsch statt. Die Reden von Hindenburg, Hitler und Göhring
aus dem Berliner Lustgarten wurden durch Lautsprecherübertragung in der
Stadthalle wiedergegeben. Der NS-Gauredner Kraus erläuterte dort die neue
Bedeutung des 1. Mai als „Tag der nationalen Arbeit". An die Bedürftigen
wurden im Saal des „Bayrischen Hofes" aus der „Adolf-Hitler-Spende" die
gesammelten Gaben verteilt.220

Den Haslacher Nazis war aufgefallen, daß Wilhelm Engelberg, der als Gegner
des Nationalsozialismus bekannt war221, an seinem Haus weder am 1. Mai
noch an den vorangehenden NS-Kundgebungen eine Hakenkreuzflagge oder
schwarz-weiß-rote Fahne gehißt hatte. Sie setzten deshalb am 29. Mai im Gemeinderat
den Beschluß durch, daß in Engelbergs Buchhandlung und Papierwarengeschäft
sowie in seiner Druckerei die Stadtgemeinde sowie die Haslacher
Schulen ab sofort keine Bestellungen mehr aufgeben dürften, da Engelberg
durch die Weigerung zu beflaggen „gegen die nationale Regierung demonstriert
" habe.222 Mutig schrieb Engelberg in einem Brief vom 19. Juli an
den Gemeinderat: „Meine politische Überzeugung habe ich über vierzig Jahre,
und ich müßte mich vor meinem einstigen Lehrbuben223, der wegen seiner politischen
Ansicht inhaftiert ist, schämen, wenn ich mein ,Mäntelchen' so
schnell nach dem Wind gedreht hätte. Heucheln und Duckmäusern liegt mir
nicht."224 Und in seinem Tagebuch notierte der unerschrockene Sozialist:
„Wer wird angesichts der Forderung, für die neue Regierung die Hakenkreuzfahne
zu flaggen, nicht an den Geßlerhut erinnert, dem der Schweizer Freiheitsheld
Wilhem Teil nicht die geforderte Reverenz erwies!"225

Eine große Eintrittswelle in die NSDAP verzeichnete Haslach am 1. Mai 1933.
Während die Zahl der NSDAP-Mitglieder in Haslach am 30. Januar 1933 nur
etwa 50 betrug, zählte die NS-Ortsgruppe Haslach nach dem 1. Mai 189 Mitglieder
.226 Ohne Zweifel traten damals nicht alle aus Begeisterung oder Überzeugung
der Hitler-Partei bei. Viele Haslacher verspürten das Bedürfnis, sich

218 Der volle Wortlaut dieser Rede wurde in AK v. 26. 4. 1933 veröffentlicht.

219 Ebenda.

220 KN u. AK v. 2. 5. 1933.

221 Vgl. oben S. 207.

222 Ratsprotokoll v. 29. 5. 1933; W. Engelberg, Tagebuchaufzeichnungen, StAH.

223 Gemeint ist der Vorsitzende der Haslacher KPD, Willi Harter, der in Engelbergs Druckerei Schriftsetzer gelernt
hatte.

224 Abschrift des Briefes v. 19. 7. 1933, Nachlaß Engelberg, StAH.

225 W. Engelberg, Tagebuchaufzeichnungen, StAH.

226 Nur 150 Mitglieder wohnten in Haslach, 39 waren in Bollenbach, Fischerbach, Mühlenbach und Schnellingen
ansässig. Im März 1945 waren 586 Haslacher Frauen und Männer Mitglied der NSDAP. Vgl. Mitgliederverzeichnis
der NS-Ortsgruppe Haslach, StAH.

224


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