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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/ortenau1983/0232
Die letzte Propagandawelle kam in den zwei Tagen vor der Wahl. Am 10. November
sollten Hitler und Goebbels im Rundfunk sprechen. Die NSDAP in
Haslach hatte entschieden, daß sich jeder diese Reden im Radio anhören solle.
Deshalb wurde angeordnet, daß alle Geschäfte und Betriebe während dieser
Zeit schlössen und die Arbeit niedergelegt werden müsse.255

Da man fürchtete, daß die katholischen Schwestern im städtischen Krankenhaus
die Kranken bei der Abgabe ihrer Stimmen beeinflussen würden — das
Krankenhaus bildete einen eigenen Stimmbezirk — wurden am 8. November
sämtliche katholischen Schwestern zu einer Besprechung in das Sprechzimmer
des Krankenhauses einbestellt, wo Bürgermeister Selz und NS-Ortsgruppenlei-
ter Krafft sie über die Bedeutung der Reichstagswahl und Volksabstimmung
„belehrten".256 Auf Anordnung der NS-Ortsgruppenleitung wurden alle
Wahlausschüsse mit zuverlässigen Parteimitglieder besetzt.257

Eine sehr entscheidende Wahlhilfe bekamen die Nationalsozialisten von Erz-
bischof Conrad Gröber von Freiburg. Er veröffentlichte am 9. November in
allen katholischen Zeitungen und vor allem auch im ,,St. Konradsblatt", der
Kirchenzeitung des Erzbistums Freiburg, einen Wahlaufruf, in dem er die
Katholiken aufforderte, für die Politik Hitlers zu stimmen.258 Wenn auch neuerdings
der Versuch gemacht wird, den Wahlaufruf Gröbers als ein Bemühen
zu interpretieren, „die kirchenfreundliche Richtung im Nationalsozialismus
zu stärken"259, so bleibt dennoch die Tatsache bestehen, daß Gröber mit seinem
positiven Votum für die Politik Hitlers viele Katholiken, die bisher der
Hitlerregierung skeptisch gegenüberstanden, bewogen hat, am 12. November
Hitler ihre Stimme zu geben.260

Am 10. November wurde die Haslacher Bevölkerung von Bürgermeister Selz
aufgefordert, von Freitag bis Sonntag ihre Häuser zu beflaggen. Am Abend
vor dem Wahltag richtete Selz auf einer Kundgebung auf dem Marktplatz an
die Bürger „einen letzten Appell", mit „ja" zu stimmen. Dies sei „eine heilige
Pflicht gegenüber dem Vaterland."261

Am Wahltag, dem 12. November, läuteten um 7 Uhr fünf Minuten die Kirchenglocken
, Böllerschüsse wurden abgefeuert.262 Die NS-Ortsgruppe wies ihre
Mitglieder und die Angehörigen der Nebenorganisationen der Partei an, bis

255 AK v. 8. 11. 1933.

256 Schreiben des Bürgermeisteramtes v. 6. 11. 1933, Verwaltungssachen XIII, 1/3, StAH.

257 Ratsprotokoll v. 2. 11. 1933, StAH.

258 KN v. 9. 11. 1933. Vgl. Keller, a.a.O., S. 150; Schnabel, Die Machtergreifung, a.a.O., S. 283/284; Böckenförde
, a.a.O., S. 327; Interviews Borho, Habermann.

259 Hugo Ott, Möglichkeiten und Formen kirchlichen Widerstands gegen das Dritte Reich von Seiten der Kirchenbehörde
und des Pfarrklerus. In: Historisches Jahrbuch 92, 1972, S. 323.

260 Interviews Borho, Habermann, Harter.

261 AK v. 10. 11. und 13. 11. 1933.

262 Schreiben des Bürgermeisteramtes an Pfarrer Albrecht v. 9. 11. 1933, Verwaltungssachen XIII, 1/13,
StAH; AK v. 10. 11. 1933.

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